Das Cover von "Drive" von The 69 Eyes

Review The 69 Eyes – Drive (EP)

Wer sich nicht näher mit THE 69 EYES beschäftigt, ist schnell versucht, die Finnen als „härtere HIM“ abzutun. Das würde der Truppe aus Helsinki allerdings keineswegs gerecht, denn während die beiden Bands zweifelsohne eine gemeinsame Schnittmenge haben, steckt hinter THE 69 EYES doch einiges mehr: Seit 1989 aktiv konnte sich die Formation weit über ein plattes Gothic-Image hinaus als eine der wichtigsten Glam- und Sleaze-Rock-Bands Finnlands etablieren und hat inzwischen stolze zwölf Alben auf dem Kerbholz. Jüngst wechselte die Band um Frotnmann Jyrki zu Atomic Fire Records, wo sie nun mit der EP „Drive“ debütiert.

Wie tief die Wurzeln dieser Band gehen, zeigen THE 69 EYES auch auf „Drive“: Der Titeltrack erinnert dank Aufbau und Gesangslinie auf angenehmste Weise stark an stilbildende Billy-Idol-Nummern und punktet neben einem coolen Solo mit Retro-Synthies, die – anders als bei anderen Bands – endlich mal nicht aufgesetzt wirken. Die Nummer ist ein typischer und doch nie langweiliger THE-69-EYES-Song und hat definitiv mehr Tiefgang als der Liebeskummer-Soundtrack für hormongestörte Teenager, den man Gothic-Bands gerne nachsagt. Ähnlich verhält es sich mit „California“, das ebenfalls viel von Billy Idol hat, dank seines Mainriffs aber auch an klassische Bon-Jovi-Songs denken lässt.

Die größte Überraschung kommt auf „Drive“ in Form von „Call Me Snake“. Die Nummer fällt unerwartet düster aus, wobei vor allem Frontmann Jyrki 69 durch ungewohnt rauen Gesang auffällt. Hinzu kommen fiese Synthies und ein kratziger Bass, weshalb man es hier keinesfalls mit einem Mainstream-Track zu tun hat und THE 69 EYES von einer etwas anderen Seite kennenlernt – wer sich einen der besten Kurt-Russell-Film aller Zeiten zum Thema nimmt, kann aber sowieso nichts falsch machen und im Solo wird obendrein das Thema von „Die Klapperschlange“ auf charmante Weise aufgegriffen. Mit „Two Horns Up“ gibt es abschließend noch eine angenehm rohe Live-Version der Nummer von letzten Album „West End“, die vor allem in dieser Fassung viel rotzig-punkigen Charme versprüht.

THE 69 EYES haben ihren ganz eigenen Sound über 30 Jahre perfektioniert und wie sich auf „Drive“ zeigt, können die Finnen dabei dank guter Ideen noch immer frisch und unverbraucht klingen. Vor allem auf ihren neueren Platten war die größte Stärke der Truppe um Jyrki 69 die ebenso stimmige wie dichte Atmosphäre, die auch hier wieder in jedem Song für Gänsehaut und Kopfkino sorgt. THE 69 EYES waren schon immer sehr vom Sound der US-Westküste inspiriert und auch „Drive“ liefert wieder den Soundtrack für nächtliche Küstenstraßen – allerdings nur für kürzere Strecken, weshalb zu hoffen ist, dass die Finnen bald ein volles Album folgen lassen.

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