Eigentlich könnte man meinen, Gründungs- und einzig verbliebenes Originalmitglied Stephan Gebédi sowie Asphyx-Klampfer Paul Baayens, sein Gitarren-Sidekick seit nunmehr über 20 Jahren, könnten seit der Auflösung von Hail Of Bullets anno 2017 mehr Zeit für THANATOS aufbringen. Doch seit dem letzten Album, dem 2014er Output „Global Purification“, ist nun auch schon etwas mehr als ein halbes Jahrzehnt vergangen. Dennoch ist dies kein Grund zum Meckern, ist die Bandphase seit der Jahrtausendwende – als auch Baayens zur Gruppe stieß – doch in Sachen Longplayer die produktivste in der ganzen bis 1984 zurückgehenden Geschichte der Niederländer: Im regelmäßigen Vier-bis-fünf-Jahres-Abstand erscheint eine neue Full-Length aus dem Hause THANATOS, gewürzt mit dem einen oder anderen Lebenszeichen zwischendurch, etwa in Form einer EP, Split oder Compilation. Jüngstes Ergebnis dieser Konstanz stellt die Platte „Violent Death Rituals“ dar.
Dass der Vierer gleich an die eröffnende Position der Scheibe den Titeltrack stellt, kann dabei als Ausrufezeichen gedeutet werden: Es ist ein Song wie eine Machtdemonstration, der zugleich als Wegweiser aufzeigt, wohin die Reise in der folgenden Dreiviertelstunde geht. THANATOS ziehen von Anfang an bereits alle Register, feuern aus allen Rohren, zeigen alle Trademarks ihres Death Metals mit Thrash-Schlagseite. Der schleppende Einstieg wird zunächst durch einen Doublebass-Teppich ergänzt, ehe dieser sich zur Songmitte in einen Uptempo-Sturm verwandelt und in einem Blast-Part gipfelt. Stellenweise legen sich zweistimmige Leads über das fette Riffing, die genauso für einen Hauch von Melodie sorgen wie die Soli, wenn sie nicht gerade chaotisch-dissonant an Größen wie Slayer und Kreator erinnern. Die brachiale und doch zugleich messerscharf-präzise Instrumentalarbeit wird besiegelt von Gebédis fieser Blutkehle, der keifend Gift und Galle spuckt, und veredelt von einem trockenen Studiosound.
Im weiteren Verlauf von „Violent Death Rituals“ schafft es das Quartett, den starken ersten Eindruck zu bestätigen und das hohe Niveau des Openers zu halten. Mal startet die Truppe knüppelhart – gleich einer Boxkombination mit K.-o.-Potenzial – in den Song (z. B. „Sent From Hell (I Infidel)“, „Burn The Books Of Hate“), mal stürmisch („The Outer Darkness“), mal unvermittelt und direkt mit Vocals („Legacy Of The Gods“), mal lässt sie sich mehr Zeit – aber auch nur ein klein wenig („Corporate Indoctrination“).
Tatsächlich lassen THANATOS den Hörern keine Gelegenheit zum Verschnaufen, feuern ein Death-Thrash-Feuerwerk par excellence ab und legen dabei einen geradezu überraschenden Abwechslungsreichtum an den Tag. So kommt „The Outer Darkness“ mit einem Lead-Riff daher, das an 2000er Immortal und Abbath denken lässt, und poltert zunächst als hasserfüllter Wutbrocken aus den Boxen, wartet dann aber wiederum mit einer epischen Kurzpassage auf. „It Always Ends With Blood“, einer der Album-Höhepunkte, schielt hingegen als High-Speed-Knüppler Richtung Exhorder, verwandelt sich jedoch in einen tonnenschweren Midtempo-Stampfer, gewürzt mit einem melodisch-chaotischen Gitarrensolo-Duell.
Typische todesmetallische Merkmale auf „Violent Death Rituals“ wie Tremolo-Picking und Blasts erinnern in der Art ihrer Darbietung zuweilen an US-Legenden wie Morbid Angel und Death („Legacy Of The Gods“), während man an anderer Stelle den Vibe schwedischer Old-School-Genrekollegen wahrnimmt („The Silent War“). Hier und da hört man auch deutlich durch, dass man es bei Gebédi und Baayens mit den Songwritern von Hail Of Bullets zu tun hat („Corporate Indoctrination“, „As Cannons Fade“). Die beiden haben sich mit Mous Mirer und Martin Ooms übrigens eine absolut schlagkräftige Rhythmusabteilung neu ins Boot geholt.
Man kann THANATOS attestieren, dass sie innerhalb ihrer Genregrenzen mit durchaus vielfältigem Songwriting punkten können und „Violent Death Rituals“ trotz rabiater Ausrichtung in Stil und Wortwahl der Songtitel keine überanstrengende Abrissbirne geworden ist. Die Westeuropäer bieten eine umfangreiche Palette an Riffs, Tempi und Drum-Patterns, ohne dass der Longplayer überladen wirkt. Sie brechen gerne aus 08/15-Songstrukturen aus, ohne dass die einzelnen Tracks lediglich wie sinnlos aneinandergereihte Versatzstücke klingen, sondern vielmehr wie sorgsam zusammengefügte Puzzleteile, die ein sinnvolles, stimmiges Gesamtbild ergeben. Fast schon wie Kurzfilme ziehen die Lieder so an einem vorbei, wie einzelne Kapitel eines Buches muten sie an. Lediglich die Einprägsamkeit und somit der Wiedererkennungswert der Tracks leidet ein wenig unter den durchdachten Strukturen. Dennoch bleibt am Ende festzustellen: „Violent Death Rituals“ ist ein starkes, kurzweiliges Extreme-Metal-Album geworden, an dessen Abwechslungsreichtum sich andere niederländische Death-Thrash-Kapellen gerne eine Scheibe abschneiden können.
Wertung: 8 / 10