Review Tarja – What Lies Beneath

Leicht hatte es TARJA TURUNEN nach ihrem Aus bei Nightwish mitnichten: Die Nightwish-Anhänger und ein Großteil der metallischen Hörerschaft sagten ihr schon eine nicht besonders rosige Zukunft voraus. Mit ihrem Weihnachtsalbum und dem ersten, eher dürftigen, „richtigen“ Soloalbum „My Winter Storm“ sahen sich viele bestätigt: Die Frau in Verbindung mit harten Klängen kann man abschreiben. „What Lies Beneath“ aber kann viele Kritiker Lügen strafen, denn das neue Album kann überraschend viel.

Schon der Opener sorgt für eine dicke Überraschung, „Anteroom Of Death“ ist experimentell und beim ersten Hören ziemlich sperrig. Mit Cello, Violinen, Orgeln, dem slowakischen nationalen Symphonieorchester (welches übrigens das gesamte Album über für die Orchestrierung zuständig ist), einem unorthodoxen Songaufbau mit einigen Tempo- und Rhythmuswechseln sowie Gastgesang der deutschen A-Capella-Metaller Van Canto ein großartiger Eröffnungssong, der sogar direkt das Highlight des Albums ist und stellenweise auch an Queen erinnert.
So viel Mut beweist Tarja, die diesmal jedes Lied selbst geschrieben hat (teils alleine, teils mit Unterstützung) in den folgenden 50 Minuten leider nicht mehr. „Until My Last Breath“ kommt schon eher gewöhnlich daher, ein sehr eingängiger Song (mit seltsamen Atemübungen am Ende, hier wäre ich schon zufrieden gewesen, hätte man mehr Erotik reingelegt, den TARJA so auch schon auf der „Century Child“ von Nightwish hätte darbieten können. Und um die Vergleiche nun aber endlich mal abzuschließen: TARJAs Gesangsvolumen ist auf „What Lies Beanath“ breiter und besser eingesetzt als jemals zuvor, man bekommt schon den Eindruck, ihre stimmliche Spannweite wäre in den Nightwish-Jahren etwas verschwendet worden, ihre klassische Gesangsausbildung kommt endlich so richtig zur Entfaltung. Und mit Nightwish hat das Album, abgesehen von „Until My Last Breath“, herzlich wenig zu tun.

Der Metal-Anteil ist erfreulich hoch, dafür aber meistens auch recht simpel gehalten, man darf keine verrückten Riffs oder ähnliches erwarten. Die Gitarrenarbeit von „In For A Kill“, „Little Lies“ oder „Dark Star“ erinnern mich etwas an die „Fallen“ von Evenescence, ohne das abwertend zu meinen. Für die instrumentale Abwechslung und Vielfältigkeit sorgt eh vor allem das Orchester aus der Slowakei, welches meist nur unterstützend, aber ebenso auch mit mächtig viel Bombast und führend agiert und seine Arbeit großartig macht. Als einer von vielen Gastmusikern ist bei „Falling Awake“ übrigens Joe Satriani zu hören, der ein kurzes aber feines Solo beisteuert.
Wieviel Gefühl und Herzblut TARJA in ihre Lieder gelegt hat, hört man bei den Power-Balladen „I Feel Immortal“ und „Underneath“ und vor allem bei „Rivers Of Lust“, das all jene begeistern wird, die auf klassischen Sopran stehen, sorgt einfach für Gänsehaut.

„What Lies Beneath“ ist ein richtig gutes Album ohne größere Schwächen – und trotzdem kann es noch besser werden. TARJAs kraftvolle und glasklare Sopranstimme ist eben übermächtig und thront über aller Instrumentierung, da ist es gar nicht so leicht, beides miteinander zu verbinden. Oft gelingt es hier schon sehr gut, doch immer wieder wirkt die Musik neben der Stimme noch zu beliebig, zu schwach um mithalten zu können. Die Mischung stimmt jedoch und wenn sich die Entwicklung fortsetzt, hat das nächste Album schon das Zeug zum Meisterwerk, schon jetzt kann teils eine Therion-ähnliche Atmosphäre geschaffen werden.Sehr empfehlen kann ich übrigens die limitierte Auflage, hier gibt es noch eine Bonus-CD mit drei Liedern, davon ist das siebenminütige „Naiad“ neben „Anteroom Of Death“ und „In For A Kill“ vielleicht sogar das beste Lied des Albums.

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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