Review Tarja – From Spirits & Ghosts

Die finnische Sopranistin TARJA Turunen muss nicht nur niemandem mehr vorgestellt werden, der auch nur annähernd mit der Metal-Szene etwas am Hut hat, sondern ist auch immer wieder für Überraschungen zu haben: Nachdem 2016 ein neues Solo-Album nicht genug war und daher mit „The Brightest Void“ und „The Shadow Self“ gleich eine durchaus schmackhafte Doppelportion auf den Plattenteller kam, entschloss sich die Dame nun dazu, Weihnachten gemeinsam mit ihrer Hörerschaft zu zelebrieren. So findet sich auf „From Spirits & Ghosts“ eine gute Dreiviertelstunde Weihnachtsmusik à la TARJA.

Wer sich zu diesem Anlass nun allerdings einen Winternachmittag ausgesucht hat, an dem die Schneeflocken verspielt am Fenster vorbei tanzen, sich mit einer warmen Wolldecke in den Sessel gekuschelt und sich mit einer Tasse voll heißem Glühwein und Spekulatius-Keksen ausgerüstet hat, wird feststellen, dass diese Art der Vorbereitung nicht passend ist. Denn ganz im Sinne der Stimmung, die vom düsteren Artwork ausgeht, offenbart TARJA auf „From Spirits & Ghosts“ ihre dunkle Seite – und die steht ihr und dem Album trotz der weihnachtlichen Prämisse ausgezeichnet. Die Versionen, die die Finnin von Weihnachtsliedern wie „O Come, O Come, Emmanuel“, „Have Yourself A Merry Little Christmas“ oder „Feliz Navidad“ darbietet, sind nicht gerade das, was man freudvoll und beschwingt im Kreise der Familie singen würde. Hier dominiert eindeutig der melancholische, nachdenkliche, in sich gekehrte, ja „besinnliche“ Aspekt der Weihnachtszeit, der sich über die gesamte Spielzeit hinweg gekonnt entfaltet. Auf Metal-Elemente wird dieses Mal verzichtet, stattdessen leben die TARJA-Versionen des dargebotenen Liedguts in erster Linie von schönen Piano-Klängen, melancholischen Streichern und natürlich TARJAs einmal mehr unverwechselbarem Gesang, der jede Menge Gefühl transportiert.

Das Maximum an Wirkung kann „From Spirits & Ghosts“ dann entfalten, wenn es im Ganzen gehört wird. Hierbei offenbaren einige der Nummern zwar, dass sie für sich genommen nicht ganz mit dem restlichen Material mithalten können, die besondere Atmosphäre der Platte bleibt dennoch von Anfang bis Ende aufrecht erhalten. Umgekehrt ist es dabei ebenfalls schwierig, wirkliche Highlights zu benennen, obwohl gerade die TARJA-Fassung des Klassikers „O Tannenbaum“ durchaus aufhorchen lässt: Nicht nur gelingt der Sängerin eine bemerkenswerte, fast akzentfreie Umsetzung des deutschen Textes, auch läuft das Orchester hier zu Hochtouren auf und klingt gewaltiger und bombastischer als zuvor und danach. Die Orchestration ist generell sehr gelungen und bietet durchaus noch weitere herausragende Momente, einen derartigen Einsatz wie auf „O Tannenbaum“ hätte man sich allerdings öfter gewünscht.

„From Spirits & Ghosts“ ist sicher kein Album, das man immer auflegen kann und möchte. Durch die Prämisse ist es natürlich in erster Linie für die Weihnachts-, oder, wenn man den melancholisch-introvertierten Aspekt hervorheben möchte, generell die Winterzeit geeignet und macht in diesem Zusammenhang eine sehr gute Figur. Definitiv die passende musikalische Untermalung für einen kalten, nachdenklichen Winterabend in einem Wohnzimmer, das nur durch Kerzenschein erleuchtet wird.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Pascal Weber

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