TALLAH sind die Verkörperung von genau dem Traum, den wohl jede junge Nachwuchsband hat: Noch vor der Veröffentlichung ihres ersten Albums war der Deal mit einem Szenelabel, in dem Fall Earache Records, gesichert und bereits mit ihrem Debüt „Matriphagy“ (2020) verzauberte das US-amerikanische Quintett die Medien. Die kommenden zwei Jahre folgten Auftritte im Vorprogramm von etablierten Band wie Avatar und All That Remains.
Mit ihrer explosiven, aber nicht grundsätzlichen neuen Interpretation von Nu Metal der 90er Jahre trafen die fünf Herren Ende 2020 einen Nerv: Laut Metal Hammer würde TALLAH „die neue Welle des Nu-Metal anführen“, während Alt Press die Band sogar als „Künstler, die den Sound des Nu-Metal definieren“ bezeichnete. Kerrang! beschrieb TALLAH als das „düstere, moderne Gesicht des Nu-Metal“ und Loudwire bezeichnete sie als „eine der zukunftsorientiertesten Bands des Nu-Metal“. Mit diesem hervorragendem Feedback und der entsprechenden Erwartungshaltung im Nacken präsentieren TALLAH nun den heißersehnten Nachfolger namens „The Generation Of Danger“.
Fans von „Matriphagy“ dürften die neue Platte zügig in ihr Herz schließen, denn TALLAH haben auf ihrem zweiten Album nichts ergänzt, was nicht auch schon auf ihrem Debüt zu hören war. Vielmehr festigt die junge Band aus Pennsylvania mit „The Generation Of Danger“ ihren vergleichsweise einzigartigen Sound. Denn obwohl sich TALLAH völlig ungeniert an der Rohheit eines „Iowa„, der melodischen Zugänglichkeit von Korn oder dem Wechselspiel von Klargesang und Rap a la Linkin Park bedienen, mixen die Amerikaner diese – hart gesagt – geklauten Ingredienzien dennoch zu einem eigenständigen Sound.
Das Problem von TALLAH liegt vielmehr in der überbordenden Zurschaustellung ihrer Möglichkeiten: Es vergeht kaum eine Minute, in der die Band nicht mindestens fünf- oder sechsmal einen Tempo- und/ oder Motivwechsel, teils galant, teils rabiat, vollzieht. Die Amerikaner meiden nicht nur klare Strukturen, sie unternehmen alles, um nicht einmal ansatzweise in eine hinein zu rutschen. Das Resultat ist ein einstündiges, wirres Modern-Metal-Gewitter, dessen Ursprung überdeutlich in den Debüttagen von Slipknot, Korn und Linkin Park liegt, das sich aber auch an populären Subgenres wie Deathcore und Djent bedient. Genau diese Mischung verhilft TALLAH zwar sich aus der Masse an Modern-Metal-Veröffentlichungen hervorzuheben, nicht aber, charismatische Hits zu schreiben.
„The Generation Of Danger“ ist roh und schnell, abwechslungsreich und druckvoll, unbarmherzig und sperrig. TALLAH können mit diesem Material Bühnen zerlegen und Konzertbesucher an den Rand des körperlichen Zusammenbruchs bringen – falls das die Stimmbänder von Gesangwunder Justin Bonitz auf Dauer mitmachen -, aber nicht in Dauerrotation aus den Kopfhörern dröhnen. Die Häufigkeit, mit der man das zweite Album der Amerikaner um Schlagzeuger Max Portnoy hören möchte, dürfte demnach so gering ausfallen wie die Überraschung darüber, dass die Band von Mike Portnoys Sohn übermäßig mediale Beachtung geschenkt wird – wenn auch nicht zu Unrecht.
Wertung: 7 / 10