Review Sylvaine – Wistful

Bereits, als die Französin SYLVAINE 2014 ihr beeindruckendes Debüt-Album „Silent Chamber, Noisy Heart“ veröffentlichte, war klar: Von dieser Frau wird man noch hören. Nur knapp anderthalb Jahre später ist es schon so weit: Mit „Wistful“ legt SYLVAINE ihr zweites Werk vor – erneut als Solo-Projekt, jedoch diesmal mit einigen namhaften Unterstützern wie Neige (Alcest) als Session-Schlagzeuger und dem französischen Label Season Of Mist im Rücken.

Mit „Delusions“ startet das Album gleich mit einem Zehnminüter – aber alles andere als irreführend. So ist der Song zwar ruhiger als manch anderer auf dem Album, dennoch bereits ein erster Deut, wohin die Reise geht: Atmosphärisch dicht und mit schönen Harmonien gespickt, weist auch dieser Song, wie schon das Debüt, klare Referenzen zu „Shelter“ von Alcest auf, ohne nach plump kopiert zu klingen.

Im Folgenden entführt SYLVAINE den Hörer ganz in ihr Reich: Mal treibend, mit verzerrten Gitarren und Screams („Earthbound“), mal mit melancholischer Post-Rock-Attitüde à la Mono („Saudade“), dann wieder düster und getragen („Wistful“) – SYLVAINE überrascht den Hörer ein ums andere Mal. Besonders geschickt jedoch ist die Französin in Sachen Arrangement. Entsprechend sind gerade die Songs die stärksten, die all diese Elemente in sich vereinen: „In The Wake Of Moments Passed By“ beispielsweise, in dem SYLVAINE mit ruhigen wie harschen Passagen, Screams und gefühlvollem Klargesang alle Register zieht, oder auch „A Ghost Trapped In Limbo“, der ebenfalls beide Extreme im Sound von SYLVAINE zusammenführt.

Das funktioniert nicht zuletzt auch deshalb so gut, weil SYLVAINE der Musik im Verhältnis zum Gesang diesmal eine prägnantere Rolle zugesteht: War die Musik auf „Silent Chamber, Noisy Heart“ noch klar als Begleitung des omnipräsenten, im Mittelpunkt der Kompositionen stehenden Gesangs definiert, räumt SYLVAINE der instrumentalen Musik diesmal mehr Raum ein und macht Musik und Stimme so zu gleichwertigen Partnern in einem Gesamtkunstwerk. Im Resultat wirkt „Wistful“ nochmal facettenreicher, spannender und kraftvoller als sein ohnehin schon starker Vorgänger.

Ähnlich verwunschen wie der Wald auf dem Cover ist auch die Musik der jungen Französin SYLVAINE: Wie Licht, Schatten und Wind in den Blättern spielt SYLVAINE in ihren Songs mit Melodien, Riffs und ihrer zauberhaften Stimme. In ein perfektes Soundgewand gehüllt, klingt „Wistful“ so zugleich düsterer und erhabener als das Debüt – und offenbart dem Hörer doch mit jedem Song noch eine neue Überraschung. Fans aller Alcest-assoziierten Bands, aber natürlich auch Verehrer des SYLVAINE-Debüts können, nein: müssen hier bedenkenlos zugreifen.

 

Wertung: 8.5 / 10

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