Swallow The Sun - Moonflowers Cover

Review Swallow The Sun – Moonflowers

  • Label: Century Media
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Doom Metal

Fragt man Bands nach ihrem besten Album, bekommt man von den meisten dieselbe Antwort: „Selbstverständlich das neueste!“ Nicht so von SWALLOW THE SUN: Schon vor dem Release ihrer achten Platte „Moonflowers“ gestand Songwriter Juha Raivio in einem Statement ein, dass er die Platte zwar für ihre Aufrichtigkeit liebte, sie aber auch für seine damit verbundenen Empfindungen verabscheute und als Spiegel einer großen Selbstenttäuschung ansah. Es war ein Akt emotionaler Selbstentblößung, den unter dem Dogma der zur ständigen Selbstbeweihräucherung anhaltenden PR-Maschinerie der Musikbranche nur wenige Metal-Bands wagen.

Wenn es um ihre Gefühle ging, haben SWALLOW THE SUN freilich schon immer mit offenen Karten gespielt. Ob Raivio zu Recht so hart mit sich selbst ins Gericht geht, steht indes auf einem anderen Blatt geschrieben. Tatsächlich macht „Moonflowers“ sich der von Unzufriedenheit kündenden Einschätzung des Bandkopfs zum Trotz durchaus gut als Nachfolger von „When A Shadow Is Forced Into The Light“ (2019). Wie zuletzt legen SWALLOW THE SUN ihren Fokus auf ihrer achten Platte vornehmlich auf den Doom-Anteil ihres Death/Dooms – der gutturale Gesang und die brachiale Instrumentierung, die die Stilrichtung auszeichnen, kommen hier nur noch an ausgewählten Stellen zum Zug.

Viel öfter besingt Frontmann Mikko Kotamäki mit sanfter, wehmütiger Stimme den Hang zur Melancholie und den Sog einer inneren Leere, die man aus den langgezogenen Gitarrenleads, traumwandlerischen Clean-Gitarren und zähen Drums nur zu deutlich heraushört („The Void“). Die Streichinstrumente, die auf „When A Shadow Is Forced Into The Light“ ein wenig zu unauffällig in Szene gesetzt wurden, kommen diesmal besser zur Geltung und verleihen den Tracks in all ihrer Niedergeschlagenheit eine elegische Eleganz („Moonflowers Bloom In Misery“, „Keep Your Heart Safe From Me“).

Selbstdarstellerisch ist „Moonflowers“ trotzdem nicht – zumindest nicht mehr, als es die Authentizität eines derart gefühlsbetonten Albums zulässt. Bis zur überraschenden Black-Metal-Explosion im abschließenden „This House Has No Home“ lassen SWALLOW THE SUN mit offensichtlichen Höhepunkten auf sich warten. Der Großteil der Songs wie das von einem intimen Akustikgitarrenmotiv geleitete „The Fight For Your Life“ wirkt anfänglich unscheinbar, schlussendlich zünden sie aber nahezu allesamt.

Bestünde „Moonflowers“ einzig aus seinen schwächeren Teilen wie dem eher plumpen „Enemy“ oder dem teilweise etwas unspektakulären Duett mit Cammie Gilbert (Oceans Of Slumber) in „All Hallows‘ Grieve“, müsste man dem verantwortlichen Songwriter in seinem harschen Urteil über die Platte wohl mit Bedauern beipflichten. Anders als von Raivio dargestellt, haben die meisten seiner Songs jedoch weiterhin eine Menge zu bieten. Auch ohne große klangliche Gewaltanwendung dringen seine ausgefeilt arrangierten und produzierten Lieder tief in die Seele vor. In dieses Album haben SWALLOW THE SUN hörbar viel Herzblut fließen lassen – und das nicht bloß in Form des Artworks, das Raivio aus seinem eigenen Lebenssaft und getrockneten Blüten selbst kreiert hat.

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Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

2 Kommentare zu “Swallow The Sun – Moonflowers

  1. Ich finde auch, dass Moonflower wieder gelungener ist als das letzte Album und finde 8/10 sehr passend. Hat mich sehr gefreut, dass alles wieder etwas lebhafter und kraftvoller klingt. Aber einer Sache aus dem Review muss ich widersprechen, und das ist der Satz zu „All Hallows‘ Grieve“. Mag sein, dass ich da als großer Cammie-Fan etwas voreingenommen bin, aber für mich ist das mit Abstand der beste Song auf dem Album. Der ist bei mir als einziger sofort beim ersten Durchlauf hängengeblieben und hat mich emotional auch am meisten gepackt. Ich liebe die Melodien und die Stimmung in dem Song, v.a. den Refrain. Ansonsten kann ich dem Review aber komplett zustimmen. Ich finde tatsächlich, dass das Album bisschen Anlaufschwierigkeiten in den ersten drei Songs hat, dann ab „Keep Your Heart Safe From Me“ aber richtig durchstartet und das Niveau bis zum Ende halten kann. Positive Überraschung dieses Jahr, nachdem mal wieder einige geliebte Bands nicht wie erhofft abgeliefert haben.

    1. Cool, dass wir alles in allem einer Meinung sind! Hatte mich schon gefragt, was du von dem Album im Vergleich zum Vorgänger hältst. :)
      Zu „All Hollows‘ Grieve“: Ich bin eigentlich auch ein großer Cammie-Fan, aber ich schätze, es geht mir da so wie dir mit „The Banished Heart“. Ich find den Gesang in dem Track einfach nicht besonders interessant und im Refrain sogar etwas kitschig. Die Strophen gefallen mir aber sogar halbwegs gut. Dafür finde ich den Anfang des Albums auch schon ziemlich stark (abgesehen von „Enemy“).

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