Black Metal und seine Weiterentwicklungen scheinen seit einigen Jahren der neue Feuilletonliebling zu sein; dies wird nicht zuletzt dadurch offensichtlich, dass immer mehr Bands, die sich dazu entschließen, Einflüsse dieses düsteren Genres in ihre Musik einfließen zu lassen, über die Metalszene hinaus an Beachtung gewinnen. Dass Verfechter von Trveness deswegen laut keifend Reißaus nehmen, ist ein Verlust für sie, sind die aus dieser Entwicklung resultierenden Alben doch in einigen Fällen absolut fabelhaft. Neben vielen US-amerikanischen Bands beweisen Gruppen wie Fäulnis, Unru oder Der Weg einer Freiheit auch hierzulande, dass Black Metal durchaus Potential besitzt, um mehr zu sein als nur frostbitten Grimness. In dieser Reihe müssen auch SUN WORSHIP genannt werden, die mit ihrem ersten Album „Elder Giants“ einen unerwarteten Überraschungserfolg feiern konnten. Auf ihrem zweiten Album „Pale Dawn“ vertonen die drei Musiker auf vier überlangen Liedern mit ihrer Mischung aus traditionellem und modernem Black Metal die Unendlichkeit des dunklen Kosmos und können über weite Strecken absolut begeistern.
SUN WORSHIP gehen dabei musikalisch keine Kompromisse ein: Ohne weiteres Vorgeplänkel trümmert „Pale Dawn“ drauflos, die tiefen Gitarren schrammeln sich gnadenlos nach vorne, das Schlagzeugspiel ist nahezu beängstigend präzise und der Gesamtsound unfassbar organisch. Über allem liegt das fast an Urmenschen erinnernde Gebrüll von Lars und Felix, welches eher untypisch für Black Metal klingt, allerdings hervorragend zur Musik auf „Pale Dawn“ passt. Immer wieder finden Melodien ihren Weg in die Musik, die zwar nicht ganz die epische Größe erreichen, wie sie bei Der Weg einer Freiheit zu finden ist, dennoch in ihrer simplen Form mitreißen. Allgemein gilt, dass man sich vom minimalistischen Soundgewand auf „Pale Dawn“ nicht täuschen lassen darf: Immer wieder weben SUN WORSHIP kleine rhythmische, melodische und strukturelle Finessen in ihren dichten Klangteppich ein und wissen mit stimmigem, packendem Songwriting zu begeistern. Durch klanglich repetitive, dennoch vielfältige und packende Songs stellt „Pale Dawn“ eine vertonte Reise durch die Unendlichkeit des dunklen Kosmos dar.
Ebenso wie der begeisternde Opener ist auch „Lichtenberg Figures“ an Energie und Rastlosigkeit kaum zu überbieten. Das darauffolgende „Naiad“ steigt mit seinen lang gezogenen Dissonanzen etwas holprig ein und kann die Qualität der ersten beiden Songs nicht ganz halten, enttäuscht aber keineswegs. Das abschließende „Perihelion“, das am stärksten nach traditionellem Black Metal klingt, fügt schließlich noch Klargesang als stilistische Komponente hinzu, die zwar zur Stimmung passt, allerdings nicht ganz überzeugen kann. Es sind die Nuancen, die Feinheiten im musikalischen Dauerfeuer, die SUN WORSHIP aus dem großen Pulk an Black-Metal-Bands herausstechen lassen: Ihre Mischung aus traditionellen Elementen und dem unverkennbaren amerikanischen Einschlag von Bands wie Krallice entwickelt nicht zuletzt durch die mächtige Produktion, die alle Instrumente auf eine Ebene stellt, einen ganz eigenen Sog. Nach „Elder Giants“ zeigen sich SUN WORSHIP mit ihrem zweiten Album gefestigt in ihrem eigenen Sound und weisen darauf hin, dass Black Metal auch in Zukunft für Aufsehen sorgen wird. Gerne auch außerhalb der Szene.
https://soundcloud.com/golden-antenna/sets/sun-worship-pale-dawn
Wertung: 8 / 10