Review Subway To Sally – Post Mortem

Im März 2023 geschah das Undenkbare. SUBWAY TO SALLY fuhren mit einem letzten Schrei zum Himmel auf. Zumindest war das der geheime Plan der Band. Nach „Himmelfahrt“ wollte man sich, was neue Musik betrifft, zur Ruhe setzen. Tja, Pustekuchen. Beseelt von beleidigten Dämonen fuhr neues Leben in die leichenstarren Glieder der Potsdamer Mittelalter-Metal-Instanz. Diese neu gewonnene Kraft entfesselt das Sextett nun durch „Post Mortem“. Mit einer Zeitspanne von anderthalb Jahren seit „Himmelfahrt“ folgte die überraschende Ankündigung des neuen Albums doch recht schnell. Eine kleine Angst um ein liebloses B-Seiten-Release beschleicht den Schreiber. Zu Recht?

Der Einsteiger „Introitus“ jedenfalls sorgt mit seinem apokalyptischen Kinderchor schon für ein erstes Aufhorchen, wenn es da heißt: „Gebt uns ein Streichholz, der Himmel wird entflammt. Einfach nur ein Streichholz, wir sind dazu verdammt.“ Ja, Kinderchöre sind so eine Sache und auch zum Start von „Post Mortem“ mag dieser Schritt erstmal etwas verwunderlich wirken. Wenn man sich aber mit den Themen des Albums befasst, dann könnten Kinder für den ersten Song nicht besser geeignet sein. Paukenschlag und helle Stimmen, die zur Apokalypse rufen. Na, da hat sich die Wiederauferstehung doch gelohnt.

Im Anschluss an das verheißungsvolle Intro folgen mit „Phönix“ und „Post Mortem“ zwei lupenreine SUBWAY-Songs. Hier kommt das Bewährte auf den Punkt: Tanzbare Rhythmen, brachiale Gitarren und Ethno-Elemente, die das neue Leben zelebrieren, lassen ein wohliges Gefühl der Vertrautheit aufkommen. Erics rauchige Stimme und die mehrdeutigen Texte machen die Sache perfekt. Was ab hier schon klar ist: „Himmelfahrt“ hätte auch einfach „Urlaub im Himmel“ heißen können.

Das ungemein schmissige „Wunder“ weiß durch seinen einprägsamen Refrain zu begeistern, während „Nero“ mit einem Engelskrieger-Gedächtnis-Riff daherkommt, das dem Nostalgiker den Federkiel in die Tinte fallen lässt. Die mitreißende Halbballade „Herz in der Rinde“ hätte mit melancholischen Akustikgitarren, einem brachialen Break und seinem herrlich bösen Text auch auf „Mitgift“ stattfinden können. Dass SUBWAY TO SALLY aber bei weitem nicht nur närrisch feiern und schwelgend morden können, stellen sie mit Songs wie „Atlas“ oder „Die Erde bebt“ eindrucksvoll klar. Gerade wenn die Potsdamer ernst werden, in Ruhe und einer gewissen Liebe zur Düsternis agieren, wirken die stets drückenden Riffs, wie eben auf dem Albumcloser „Die Erde bebt“ zu hören, noch um einiges besser.

Ganz stolperfrei kommt das auferstandene Kollektiv dann aber doch nicht von der Bahre. Der Song „Unter dem Banner“ beispielsweise ist wenig spannend und ersetzt das Temperament seiner Vorgänger durch unnötig viel Pathos. Ähnlich zweckdienlich wirkt auch das gefällige „Stahl auf Stahl“, das weder durch seinen pathetischen Text noch durch das englischsprachige Feature mit Tribune, dem Sänger von Warkings, tatsächlich bereichernd ist. Der Song „Eisheilige Nacht“ fällt in die gleiche Kategorie. Die Nummer ist alles andere als schlecht, aber auch hier ist das Gefälle gegenüber den stärkeren Liedern in fast allen Bereichen zu groß. Was den Text allerdings anbelangt, ist der Verweis auf die „Schneekönigin“, die auf „Nord Nord Ost“ vor rund 20 Jahren schon für eisige Kälte sorgte, überaus gut gelungen.

Bei einer hochfunktionalen, jedoch etwas zu repetitiven Songwriting-Formel hätten es im Sinne des Spannungserhalts aber auch drei Songs weniger getan. Inwieweit die sieben Bonustracks der Fan-Edition, bestehend aus Vocal-Covern und Neuinterpretationen diverser Genre-Kollegen, das Album aufwerten, steht demgegenüber auf einem anderen Blatt.

Am Ende ist SUBWAY TO SALLY mit „Post Mortem“ ein gelungener Sprung von der Bahre geglückt. Es ist schön, bei diesem Album eben nicht von einer B-Seiten-Kollektion sprechen zu müssen. Die Potsdamer reminiszieren euphorisch durch ihre Geschichte und laufen dabei all ihre Meilensteine noch einmal ab. Leider gelingt das 2024 nicht gänzlich ohne Ausfallschritte. Fest steht jedenfalls: SUBWAY TO SALLY leben und sie ehren auf „Post Mortem“ sich und ihre Fans. Insofern war der nahende Weltuntergang noch nie schöner verpackt.

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Wertung: 8 / 10

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