Review Subway To Sally – Engelskrieger

Wohl kaum eine andere deutsche Band hat sich ihren Erfolg so hart erarbeitet wie die Potsdamer Formation Subway to Sally. Ohne nennenswerte Medienunterstützung kann die Band auf eine treue Fangemeinde blicken, die Alben erreichen hohe Chartplazierungen, die zahlreichen Konzerte sind ein einzigartiges Fest.
In den 90ern noch als „reine“ Folk- und Mittelalter Metalband unterwegs folgt nach dem gitarrentechnisch etwas sanft ausgefallenen 2001er Werk Herzblut jetzt eine radikale Stilkorrektur, bzw. –erweiterung. Von Stilbruch wird hier ganz bewusst nicht gesprochen!!! Das neue Langeisen orientiert sich mehr am Sound des vorletzten Studiowerkes Hochzeit und führt diesen gekonnt weiter. „Verrat!“, werden vielleicht einige Schreien, sind die mittelalterlich/folkloristischen Einflüße doch größtenteils zurückgetreten, um platz für brachiale Gitarrenriffs zu machen, die den unschuldigen Hörer vielleicht sogar im ersten Moment an Rammstein erinnern. Bei genauerem Hinhören entdeckt man schnell, wie sich die bewusst minimalistisch gehaltenen Riffs vor allem in den Refrains mit typischen Subway to Sally Melodien und Chören verbinden ( z.B. in „Unsterblich“, wahrscheinlich dem stärksten Song der Platte… was für eine göttliche Bridge!!!) und in den meisten Fällen gekonnt die wütend- anklagende Atmosphäre der Stücke unterstützt ( „Falscher Heiland“, „Geist des Kriegers“ ). Das gibt dem „neuen“ oder besser gesagt erweiterten Weg der Band Authentizität und lässt erkennen, dass die mittalterlichen Elemente keinesfalls aus den Liedern verschwunden sind. Vielmehr rücken sie in den Hintergrund und bieten einen dezenten, melancholisch-verträumten Kontrast zu den hämmernden Gitarren ( „Verloren“, „Abendland“).

Damit sich dem Hörer all das erschließt, sollte man sich Engelskrieger wirklich intensiv zu Gemüte führen und das ist nicht immer leicht. Zum einen, weil man sich an einige Stücke besonders gewöhnen muss („Geist des Kriegers“, „Kleine Schwester“), zum anderen, weil die gesamte Platte von einer unglaublichen emotionalen Schwere durchzogen ist, was bei der Thematik der Songtexte – von AIDS ( „Unsterblich“), über Missbrauch („Abendlied“), Selbstverstümmelung („Narben“) bis zu Sterbehilfe („200 Meilen unterm Meer“) und extremem Körperkult ( „Knochenschiff“) ist alles dabei- kein Wunder ist. Um diese Texte auch richtig zu deuten liegt CD und Booklet noch ein zusätzlichen Heftchen mit Erläuterungen und Beschreibungen –in Form von Zeitungsartikeln, Bildern ,etc.- bei.
Das die auch Texte nach wie vor absolut fantastisch sind, dürfte sich bei Subway to Sally wie immer von selbst verstehen. Und auch beim neuen Material gehen Text und Musik über Erics Stimme- nie hat er so gut und vielseitig gesungen!!!- perfekt ineinander über. So hat man beim Midtempo Stück „2000 Meilen unterm Meer“ bald wirklich das Gefühl mitzuversinken, während das Riff von „Knochenschiff“ perfekt zum Text eine herausfordernde, verächtliche Atmosphäre kreiert. Wolfstraum wiederum strahlt eine seltsame Ruhe aus, die einem wirklich das Gefühl gibt, in einem Traum zu sein und das zerbrechliche Abendlied jagt einem so manchen Schauer über den Rücken.

Alles in allem dürften alte Fans auch am radikalen Engelskrieger ihre Freude haben, sofern sie die Scheuklappen nicht festgeklebt haben!
Das Kunstwerk Subway to Sally hat die selbst auferlegte Weiterentwicklung definitiv bestanden…mit einem ungewöhnlichen, stimmungsmäßig fast schon erdrückendem Album, mit dem man sich die Grenzen völlig neu gesteckt hat, ohne den eigenen Ursprung zu verleugnen oder zu vergessen!

(Alexander)

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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