Glaubt man SUBSIGNAL-Gitarrist Markus Steffen, so haben viele Fans seiner mittlerweile schon drei Jahre aufgelösten Ex-Combo Sieges Even bis heute nicht realisiert, dass er noch immer zusammen mit Sänger Arno Menses seine musikalische Vision umsetzt. Denn das Musiker-Dreamteam suchte sich mit David Bertok (Keyboard), Ralf Schwager (Bass) und Roel von Helden (Schlagzeug) neue Weggefährten und veröffentlichte bereits 2009 „Beautiful & Monstrous“, das Debüt der neu geformten SUBSIGNAL. Zu hören gab es eine Art „Sieges Even light“, d.h. sehr melodischen, überwiegend ruhigen und weniger vertrackten Artrock als bisher gewohnt. Statt kantiger Frickelei setzte die Band verstärkt auf sphärische Keyboardsounds und liebäugelte hier und da auch mit AOR und „traditionellem“ Progmetal, mit dem Sieges Even ja so gar nichts am Hut hatten. Das Songwriting übernahmen vor allem die „Chefs“ Markus Steffen und Arno Menses.
Nun, zwei Jahre später, sieht die Sache ein wenig anders aus: „Touchstones“ ist eine kleine, sanfte Revolution mit großer Wirkung. Die neuen Songs klingen kraftvoller, vitaler und moderner – das macht sich direkt am knackigen Schlagzeugsound und den fetter produzierten Gitarren bemerkbar. Die Platte ist etwas sperriger als „Beautiful & Monstrous“ und erinnert insgesamt noch weniger an die letzten Sieges Even-Werke – die für Markus Steffen so typischen, schwebenden Gitarrenlicks finden sich hier jedenfalls deutlich seltener als zuvor. Insofern scheint die Scheibe mehr denn je eine Gemeinschaftsarbeit aller Bandmitglieder zu sein. Dafür spricht auch die Tatsache, dass Keyboarder David Bertok nun deutlich stärker ins Songwriting involviert ist. Für die Bass- und Schlagzeugarrangements sind Ralf Schwager und Roel van Helden dem Booklet nach selbst verantwortlich. Der Anteil an „Mainstream-Progmetal“ wurde nochmals erhöht, sodass der Sound insgesamt wieder etwas härter geworden ist. Gemeinsam mit den nach wie vor vorhandenen, göttlichen AOR-Melodien ergeben sich so fantastische Tracks wie der Opener „Feeding Utopia“ oder „Echoes In Eternity“ – Nummern, die sofort zünden.
Aber auch Variantenreichtum wird groß geschrieben: Der 11-minütige Titeltrack „Touchstones“ wird zum Beispiel von atmosphärisch-stimmungsvollen Oboenklängen eröffnet, die Jazz-Kenner an Jan Garbarek erinnern dürften. Im Endteil von „Finisterre“ beeindruckt Markus Steffen mit spanischem Akustikgitarrenspiel, während „Embers – Part I: Your Secret Is Safe With Me“ durch ein wunderschönes Streichertrio veredelt wird. „The Lifespan Of A Glimpse“ hingegen besticht durch die Hinzunahme einer weiblichen Gesangsstimme. Isabel Flössel sorgt hier im Duett mit Arno Menses dafür, dass der Song glatt ein wenig nach Nu- und Melodic Metal der Marke Evanescence tönt, wenn er nicht wesentlich komplexer und packender wäre. Hervorgehoben werden müssen auch die durch die Bank großartigen Tastenklänge: Ob atmosphärische Ambient-Flächen, technoide Intros oder warme Pianoklänge – David Bertok trägt wesentlich dazu bei, dass die Musik von SUBSIGNAL derart vielschichtig und farbenfroh daher kommt. Besonders Gänsehaut erregend ist das Piano-Intro/-Outro des bereits erwähnten „Embers – Part: Your Secret Is Safe With Me“ – laut hören!
Trotz der Länge von 75 Minuten kommt niemals Langeweile auf, denn SUBSIGNAL spielen äußerst geschickt mit Stimmungen, Sounds und Einflüssen. Gemeinsam mit den gewohnt fantastischen Texten ergibt sich ein packendes, kraftvolles Soundgemälde im konstanten Spannungsfeld von Nachdenklichkeit, Melancholie und hoffnungsvollen Lichtblicken. Gerade der Rausschmeißer „Con Todas Las Palabras“ ist durch und durch getränkt mit Optimismus und ein wundervoller Ausklang für ein Album, das den Spagat zwischen Anspruch, Zugänglichkeit und Tiefe mit schockierender Brillanz meistert.
Absolute Kaufempfehlung für alle Freude intelligenter und emotionaler Rockmusik – ob ihr nun Rush, Dream Theater oder Toto hört. „Touchstones“ hat es verdient, in den „Album des Jahres“-Listen ganz weit oben zu stehen!
„So many times I was frozen inside
from the cold that beats in the heart of everyone
but there are moments of grace I find my peace
in the words burried in the heart made of stone“
Subsignal – My Sanctuary
Wertung: 9.5 / 10