STRYPER ist ohne Zweifel die wichtigste Band White Metals. Mit christlichen Texten, Bibelverteilungen bei Konzerten, aber immer wieder auch gelungenen Liveshows und mitreißenden Hard-Rock-Hymnen haben die US-Amerikaner sich zu weltweiter Bekanntheit gespielt. Nach einigen Identitätskrisen und einer langen Ruhepause versuchen sie seit 2005, wieder Fuß in der Szene zu fassen.
Ganz offensichtlich haben sie sich inzwischen auch damit abgefunden, dass die Menschen sie vor allem wegen ihrer ersten drei Alben schätzen. Denn mit „Second Coming“ veröffentlicht STRYPER nun ein Best-of dieser ersten drei Alben, die in schneller Folge 1984, 1985 und 1986 auf den Markt kamen und alle in den USA Gold-Status erreichten, „To Hell With The Devil“ gar Platin. Allerdings wurden alle 14 Songs komplett neu eingespielt und auf den Stand moderner Produktionsmethoden gebracht. Zwei komplett neue Bonustracks runden das Paket ab. Handwerklich ist das Album sehr gut geraten: Die Neueinspielung hat den Songs wirklich gut getan. Die Gitarren klingen satter, das Schlagzeug hat standesgemäßen Wumms bekommen und die Abmischung ist härter als im Original. Bei den beiden neuen Songs setzt sich diese Richtung fort. STRYPER planen für die Zukunft wohl keine Pop-Experimente mehr. Erfreulich ist, dass auch Sänger Michael Sweet mindestens so gut klingt wie damals – stimmlich gereift kommt er doch immer noch mühelos in die hohen Stimmlagen.
Jedem Hörer wird zudem deutlich werden, warum diese Band trotz ihrer sicher nicht unstrittigen Texte erfolgreich werden konnte. Die Musik ist mitreißender Hard Rock der 80er Jahre, wie er sein sollte – abwechslungsreich, mit markanten Hooklines, fetten Chören und gelungenen Gitarrensoli, sodass jeder Fan der Musik dieser Zeit seine Freude an STRYPER haben kann. Textlich aber, und das sollte jedem klar sein, handelt es sich einwandfrei um White Metal. Gott und Jesus, die Erlösung vom irdischen Leiden, die frohe Botschaft der Verkündung und immer wieder die sehr amerikanisch-protestantische Vorstellung, dass das Heil vor allem im Preisen von Gottes Größe zu finden sei, dominieren die Texte. Und zwar wirklich jeden Text. In manchen Fällen ist die Realisierung subtiler („To Hell With The Devil“, „Soldiers Under Command“), in manchen nachgerade überschwellig („Surrender“, „More Than A Man“). Wer damit ein großes Problem hat, wird sicher auch mit „Second Coming“ nicht glücklich werden.
Allen anderen bietet sich mit „Second Coming“ die Gelegenheit, eine der sicher bemerkenswertesten Bands der Hard-Rock-Szene der 80er Jahre neu kennenzulernen. Und doch schwingt bei solchen Zusammenstellungen immer etwas Wehmütiges mit: Es steht wohl nicht zu erwarten, dass STRYPER noch einmal das Niveau ihrer ersten drei Alben erreichen werden – die Band würde wohl sagen, da hilft nur beten …
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