Oh, wie einfach wäre es, hier wieder einmal über STRYPERs Religiösität zu schreiben oder über die Tatsache, dass sie mit ihrer Erweckungsmusik überraschend erfolgreich sind. Das alles ist freilich ziemlich abgedroschen. Musik ist inzwischen vor allem noch Musik, und spätestens seit die Hipster alles postironisiert haben, was irgendwem auf der Welt vielleicht mal heilig gewesen ist (wie Star Wars), ist das Provokationspotenzial von christlichen Texten in etwa so hoch wie das von satanischen – also gleich null.
Das hält STRYPER allerdings nicht davon ab, auch auf ihrem neuen Album „Fallen“ die volle Ladung Bibeln ins Publikum zu feuern. Das geht mal in medienkritischen Rahmen („Big Screen Lies“), mal individualkritisch („Pride“), zumeist bleibt es aber auf unterkomplexer Gospelebene im Sinne von „Gott ist groß und liebt uns“ („Yahweh“, „Love You Like I Do“, „King Of Kings“ uvm.). Textlich überrascht „Fallen“ also keineswegs, immerhin aber singt Michael Sweet immer noch sehr überzeugend und traut sich auch in höhere Tonlagen hinaus.
Leider hält „Fallen“ aber auch musikalisch zu wenige Überraschungen parat. So spielen sich STRYPER zwar treffsicher, aber doch erkennbar routiniert durch das klassische Hard-Rock-Repertoire, das die meisten Bands des Genres beherrschen. Auf „Fallen“ stehen also pompöse Stadion-Rock-Songs („Yahweh“, „Big Screen Lies“) neben härteren rifflastigen Songs („Fallen“). Ganz selten wird es etwas schneller („Till I Get What I Need“). Mit „All Over Again“ kredenzen sie uns zudem eine typische Ballade, die zwischendurch immer wieder in den Kitsch abdriftet. Das kennt man so von den Vorgängeralben und von nicht wenigen anderen Bands des Genres. Man wird aber anerkennen müssen, dass STRYPER den Drill wirklich verinnerlicht haben und selbst ihre Routinearbeit immer noch solider ist, als so manche hochtrabende Versuche der Konkurrenz, originell zu klingen.
Dennoch liegt hier das Problem an „Fallen“. STRYPER bemühen sich keine Sekunde darum, uns zu überraschen. Zu viel an diesem Album ist bekannt, wird letztlich nur noch leicht variiert und verläuft in den üblichen Bahnen. So entwickeln nur wenige der Songs eine Sogwirkung, ein Mitsingpotenzial oder Ohrwurmcharakter. Symptomatisch kann man dies an dem Black-Sabbath-Cover „After Forever“ sehen: Sie tun dem Original keinerlei Gewalt an und liefern ein gelungenes Cover ab. Sie haben dem Song aber auch keine eigene Note hinzuzufügen. Allerdings wetzen STRYPER diese Schwäche in der Originalität in gewissem Rahmen durch gelungen Instrumentalarbeit aus, wie beim Gitarrensolo auf „King Of Kings“.
Damit bleibt „Fallen“ ein zweischneidiges Schwert. So technisch korrekt die Lieder auch eingespielt sind, so überzeugt die Bandmitglieder von ihrer Botschaft sein mögen und so sicher das Album beinharten Hard-Rock-Fans einige Stunden gute Unterhaltung bieten wird, ist es leider auch eines: uninspiriert. Und das ist bei christlichem Rock vielleicht das schlimmste, was passieren kann. Wer allerdings auf der Suche nach guter Standardkost ist und den STRYPER-Stil schätzt, kann „Fallen“ getrost antesten.
Wertung: 6.5 / 10