Als IRON-MAIDEN-Fan kann man sich nun wirklich nicht über zu wenig Lesestoff beschweren: Von offizieller Bandbiografie sowie Autobiografie von Bruce Dickinson über Tour- und Fotobücher bis hin zu Graphic Novels ist alles dabei. Seine eigene Sicht der Dinge will nun Steve „Loopy“ Newhouse mit seiner Autobiografie „Loopyworld – Die frühen Tage von Iron Maiden“ erzählen. Newhouse war Roadie und Drum-Techniker der ersten Stunde, von 1978 bis 1984 war er mit den frühen IRON MAIDEN unterwegs. Das Buch erschien bereits 2016 in englischer Sprache, sechs Jahre später folgt nun die deutsche Übersetzung für 21,90 € beim Iron Pages Verlag.
Als Schulfreund und bester Freund von Ur-Sänger Paul Di’Anno kam er zur Band und wurde schnell zum Mädchen für alles. Von den Anfängen in kleinen Proberäumen und Konzerten vor einer Handvoll Fans über erste Auftritte außerhalb Londons bis zum Reading Festival mit 90.000 Besuchern beschreibt Newhouse den Aufstieg zur lebenden Legende, die IRON MAIDEN heute sind. Die ersten großen Touren mit Judas Priest und Kiss sowie erste TV-Aufzeichnungen sind ebenso Thema wie die chaotischen Albumaufnahmen von „Killers“ (1981).
„Loopyworld – Die frühen Tage von Iron Maiden“ ist keine weitere Bandbiografie. Vielmehr erinnert das Buch auf seinen 232 Seiten an ein ausführliches Tagebuch. Tatsächlich hat Newhouse, wie er auch selbst mehrmals erwähnt, sein Gedächtnis teilweise im Stich gelassen und so beruft er sich oft auf alte Tagebuch- und Blogeinträge. Das führt zu einem kruden Mix aus vagen Erinnerungen auf der einen und minutiösen Angaben nebensächlicher Kleinigkeiten auf der anderen Seite. Das ist gleichermaßen seltsam wie spannend, wissen wir doch alle, wie uns unser Gedächtnis oft Streiche spielt und sich gerne mal eine eigene Realität zusammenspinnt. Der Ursprung der Erinnerungen spiegelt sich auch im Schreibstil wider, der keinen großen literarischen Anspruch verfolgt und am besten wohl als bodenständig zu bezeichnen ist. Das macht das Buch jedenfalls leicht und flott lesbar.
Neben Proben, langen Touren durch England und dem Leben „on the road“ nutzt Newhouse sein Buch auch als Plattform für Abrechnungen. So berichtet er von persönlichen Problemen mit Drummer Clive Burr, der ihn fortwährend schikaniert haben soll, etwa durch ständiges Auf- und Abbauen des Schlagzeuges und enorme Geringschätzung. Hier wäre eine Gegendarstellung des 2013 verstorbenen Schlagzeugers interessant gewesen. Noch mehr Reibereien gab es mit Manager Rod Smallwood, mit dem sich Newhouse nie verstand und oftmals aneinandergeriet. Dieser sei ein „arroganter Mistkerl“, habe ihn „wie einen Sklaven behandelt“ und „damals alles versaut“. Was Newhouse beschreibt, geht stark in Richtung Mobbing – allerdings vergreift er sich auch selbst im Ton, wenn er von einem „fetten Liverpooler“ erzählt, der ihn zeitweise als Roadie ersetzte.
Newhouse wurde zweimal bei IRON MAIDEN gefeuert, war von 1981 bis 1983 sogar eine lange Zeit weg von der Band, in der er für More und Paul Di’Annos Lonewolf arbeitete. Dass es – vor allem nach seiner ersten Entlassung – Probleme mit dem neuen Roadie gab, scheint Newhouse diebisch zu freuen. Neben dem Waschen von schmutziger Wäsche findet er auch Gefallen an Schadenfreude. Solche Kleinkriegsschauplätze und oft auch das immer distanzierter werdende Verhältnis zur Band nehmen mehr Raum ein als etwa die Entstehung von Songs und Alben, auf die Musik an sich wird leider nur sehr wenig eingegangen.
IRON-MAIDEN-Fans, die schon viel über ihre Lieblingsband wissen, könnten bei „Loopyworld – Die frühen Tage von Iron Maiden“ dennoch Neues und interessante Details erfahren. Dass Newhouse jahrelang so nah an der Band dran war, bietet viele spannende Einblicke, auch wenn die meisten der Anekdoten nicht annähernd so lustig rüberkommen, wie sie dargestellt werden. Das Buch ist für wissbegierige Fans sicher interessant, für IRON-MAIDEN-Neulinge aber vielleicht etwas schwer zugänglich: Ein gewisses Grundwissen über die Bandgeschichte wird vorausgesetzt, um nicht während dem Lesen häufig nach den durchgehend mit Vornamen genannten Beteiligten und nur angerissenen Ereignissen der Bandhistorie forschen zu müssen. Wer ein Buch mit einer sehr persönlichen Sichtweise mit vielen (oft harmlosen) Kleinigkeiten aus dem Privat- und Tourleben lesen möchte und sich über einen ausführlichen Farbfototeil freut, ist bei „Loopyworld – Die frühen Tage von Iron Maiden“ genau richtig.
Wertung: 6 / 10
Keine Eddie-Grafik der Welt ist so gruselig wie die Wahl von Comic Sans für das Cover dieses Buches.
Ja, ich weiß nicht, wer heutzutage immer noch denkt, dass Comic Sans auf irgendeinem halbwegs ernstzunehmenden Produkt was zu suchen hat. Das Buchcover ist ja an sich nicht verkehrt, mit der Schrift gehts aber halt direkt in die Ramschecke.
holy fuck, ja. wer macht denn sowas. und wer lässt dem das dann durchgehen, ohne zu intervenieren.