Review Stefan Frommann – The Best Kiss Of My Life

Beim Blick auf das Cover dieses Buches könnte man meinen, der Name „KISS“ leite sich von KI ab – der mittlerweile omnipräsenten Abkürzung für „künstliche Intelligenz“. Was eine KI-SS sein könnte, möchte man lieber nicht wissen, das augenscheinlich mit KI generierte Bild ist wirklich grauenerregend genug. Da liest man doch lieber etwas über die „KISS Army“. Dahingehend hat „The Best KISS Of My Life“ nämlich weit mehr zu bieten, als Umschlaggestaltung und Titel vermuten lassen.

Statt einer weiteren Band-Biografie hat Stefan Frommann sich den Fans von Gene Simmons und Co. zugewendet: Für sein Buch hat er die Geschichten von 30 Fans aus 16 Ländern gesammelt – darunter auch seine eigene: Wie er als Teenager in West-Berlin auf „Schaudidautlaut“ gestoßen ist, wie er zu seinem ersten KISS-Konzert kam und erst Produzent Bob Ezrin, später auch die Musiker selbst kennengelernt hat. All das könnte banal sein, Angler-Latein eines Rock-Fans eben. Aber Frommann schreibt lebhaft und sympathisch – analysiert aber auch treffend, wenn er etwa schreibt: „KISS sind schon lange vor der Erfindung von TikTok und Instagram Influencer, sie verkaufen den Rock ’n‘ Roll auf eine Art, wie er noch nie angeboten wurde“ – mit Betonung auf der doppelten Bedeutung von „verkaufen“. Oder auch: „Längst sind sie die ersten Superhelden, die nicht in Comicheften entstehen, sondern aus denen Comicfiguren werden.“ Durchaus kritisch und auch für Nicht-Fans nachvollziehbar beleuchtet er dabei aus persönlicher Warte den musikalischen Werdegang der Band.

Persönlich wird es auch bei den folgenden 29 Beiträgen: Hier hat Frommann mit Menschen wie einem KISS-Lookalike-Priester, einem KISS-Puppenschnitzer oder einem Sammler, der nur das KISS-Debütalbum (dafür in allen erdenklichen Versionen) sammelt, eine durchaus drollige Truppe zusammengebracht. Irgendwann wird das aber zumindest streckenweise dann doch etwas trivial: Die meisten der Portraitieren sind gut situierte, weiße Männer im besten Alter, die KISS-Merch sammeln und sich irgendwann mal ein oder viele Meet & Greets gekauft haben … mit anderen Worten: typische KISS-Fans eben. Mit etwas Recherchearbeit hätten sich sicher noch Fans finden lassen, die noch Außergewöhnlicheres mit KISS erlebt haben. Vielleicht sogar Frauen. Frauen nämlich kommen in „The Best Kiss Of My Life“ vergleichsweise selten zu Wort – und wenn, dann entweder zusammen mit einem Mann oder aber mit recht unspektakulären Geschichten.

Als Gegenpol zu den Fan-Porträts kommen auch namhafte Personen in Interviews zu Wort: Gene Simmons höchstpersönlich, Gitarrist Tommy Thayer, aber auch Menschen aus deren Umfeld wie Produzent Bob Ezrin oder KISS-Army-Gründer William Starkey. Ein eingefleischter KISS-Fan wird hier zwar nichts grundlegend Neues erfahren – trotzdem runden diese Gespräche das Gesamtpaket gelungen ab.

„The Best KISS Of My Life“ ist geworden, was es wohl auch werden sollte: ein Buch von einem KISS-Fan über die Fans von KISS. Der etwas amateurhafte, unverkopfte Ansatz, mit dem Stefan Frommann das Projekt angegangen ist, macht „The Best KISS Of My Life“ vielleicht nicht zum perfekten Buch, aber eben auch aus. Das Bild, das Frommann von der KISS-Gefolgschaft zeichnet, ist jedenfalls ziemlich präzise – und auch über die Band selbst erfährt man indirekt das eine oder andere. Wer Insider-Wissen oder Fakten über die Band sucht, ist hier falsch – wer einfach ein wenig in die Verrücktheit der KISS-Army eintauchen möchte, ist mit „The Best KISS Of My Life“ nicht schlecht beraten.

Keine Wertung

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