Man mag über die Gründe spekulieren, die den Indie-Riesen Roadrunner dazu gebracht haben, den Blick auf das kleine Land Spanien zu richten und auf die – zumindest international – noch kleinere Band SOZIEDAD ALKOHOLIKA. Möglicherweise die Erfolge der labeleigenen brasilianischen Exportschlager der Cavaleras, möglicherweise auch Zufall. Auf jeden Fall kommt man so auch hierzulande in den Genuss der angeblich härtesten spanischen Band (was zweifelbar ist) und die Alkoholgesellschaft kann dem spanischkundigen Ausland ihre politischen Botschaften ins Ohr brüllen.
Das vorliegende Album Mala Sangre ist schon der neunte Longplayer der Hardcore-Urgesteine, die immerhin schon 20 Jahre im Geschäft sind. Dementsprechend alt – aber nicht altbacken – sind auch die musikalischen Wurzeln der Spanier. Konsequent hat man auf poppige Melodien und moderne Genre-Einflüsse verzichtet. Den geneigten Hörer erwartet eine kanpp 48 minütige Dampfwalze treibenden old-school Thrashcores (oder wahlweise Hardcore mit deutlicher Trash-Schlagseite).
Asalto beginnt mit einer doppelläufigen Melodie der Gitarreros Javi und Jimmy, um kurz darauf richtig Gas zu geben. Die jahrelange Erfahrung des Fünfers merkt man der Platte glücklicherweise an. Pointierte, treibende Drums und zwar wohlbekannte, doch perfekt in Szene gesetzte Riffs bilden die Grundlage für Juans Stimme, die auch gerne mal durch Chöre der restlichen Band unterstützt wird. Den Exotenbonus holt sich die SOZIEDAD ALKOHOLIKA dabei natürlich schon durch den durchgehend spanischen Gesang, kann aber auch in musikalischer Hinsicht punkten.
Denn obwohl Experimente und großartige Variationen des Sounds fehlen, macht Mala Sangre auch nach dem 20ten Rotieren im CD-Player noch Laune. Als Rezensent erwischt man sich dann auch mal dabei, die Soli und sich erst nach und nach erschließenden Melodien ganz nach Art der A-Capella-Gruppe Van Canto mitzusingen. Und nachdem sich Intactos, die Kollabo Dios vs. Ala (mit Joao Gordo, dem Sänger der Band Ratos de Porao) und besonders Siempre Alerta solcherart im Gehörgang festgesetzt haben, gibt es zum Abschluss noch als Schmankerl einen waschechten Rap Remix von Politica del Mieda, der überaschenderweise durchaus hörenswert ist.
Die Produktion der Scheibe ist druckvoll und sauber (vielleicht stellenweise schon zu sauber), drängt aber kein Instrument in den Vordergrund und lässt die Musik als Ganzes für sich sprechen. Nur die Double-Bass hätte etwas aggressiver sein können. Roadrunner hat der Band dann gleich noch eine schöne Verpackung mit ansprechendem Artwork von Nestor Urdanpilleta spendiert und wer des Spanischen mächtig ist (oder auch nicht), kann mit den abgedruckten Texten gleich für die Tour üben. Man bekommt Hardcore mit Message zum Mitgröhlen. Nicht innovativ, aber auf hohem Niveau und mit Langzeitfaktor. Falsch machen kann man als Freund alter Hardcoreschule bestimmt nichts.
Wertung: 7.5 / 10