Fenriz ist mit seinem „Band Of The Week“-Blog dafür bekannt, gelegentlich wahre Perlen aus dem Untergund zu ziehen. Von Neige, seines Zeichens Chef bei Alcest, war das bisher nicht bekannt. Allerdings hat dergute Mann vermehrt auf eine Band namens SOROR DOLOROSA hingewiesen und deren Outout gelobt.
Die Landsmänner Neiges legen nun mit „No More Heroes“ ihr zweites Album vor, Grund genug sich einmal mit ihnen auseinanderzusetzen.
Was als Erstes auffällt ist der Fakt, dass hier kein Metal geboten wird. Die vorliegende Scheibe steht in der Dark-Wave-Tradition von Bands wie The Cure und dem Gothic von Fields Of The Nephilim. Da von diesen Bands in nächster Zeit kaum neues Material zu erwarten ist, ist das doch eine willkommene Sache.
Der Opener „Silver Square“ nimmt einen denn auch direkt mit in die 80er, als diese Musik zweifelsohne ihren Höhepunkt hatte. Ein einfaches Schlagzeug-Gitarren-Grundgerüst, ein treibender Bass und darüber der Gesang, der mal tief brummelt, mal in die Höheren Lagen geht und das alles ganz spielerisch bewältig, dabei jedoch eine Melancholie transportiert, dass es einem kalt den Rücken runter läuft. In puncto Melancholie erinnern SOROR DOLOROSA durchaus an Katatonia, um mal eine Metal-Referenz einzustreuen.
„Sound & Death“ verdeutlicht, warum Neige diese Band empfiehlt. Der Beginn hätte mit seiner träumerischen Stimmung auch auf ein Alcest Album gepasst, allerdings macht der einetzende Gesang deutlich, dass hier keine Kopisten am Werk sind, sondern ehrliche und begabte Musiker.
Der Gesang erweist sich auch im weiteren Verlauf der Scheibe als unglaublich variabel und damit als massives Plus für die Truppe. Mal tief brummelnd, fast flüsternd, dann wieder in den hohen Lagen, mal kraftvoll, mal zerbrechlich – ein absolutes Highlight der Scheibe. Doch auch die anderen Musiker machen ihren Job mehr als adäquat. Die Gitarren stehen mal im Vordergrund und geben den Ton an, mal zaubern sie nur im Hintergrund einen Klangteppich, auf dem sich der treiben Bass entfalten kann. Vom Schlagzeug kommt ein Gerüst, an dem sich die anderen Instrumente festhalten und entlanghangeln können, außerdem gibt es dynamische Impulse und Akzente.
„No More Heroes“ ist intensiv, ohne aggressiv zu sein. Es ist schön, ohne kitschig zu werden. Es ist traurig, ohne sich in kleine-Mädchen-Pseudodepressivtät zu ergehen. SOROR DOLOROSA erschaffen mit ihrem zweiten Album etwas, dass man sich in aller Ruhe anhören kann, was aber genauso gut zu einem Beziehungsende passt wie zu einem stillen Frühlingsmorgen auf dem Lande, wenn der Nebel über die Felder zieht und den Blick auf die dahinter liegende Wälder trübt. Die erzeugte Stimmung ist das große Verkaufsargument der Franzosen, wer es auch mal ruhig mag, sollte hier definitiv reinhören.
P.S.: Das hier abgebildete Cover stammt vom Jewelcase, auf dem Digipack hat die junge Dame keine Lederjacke an und ihr ist offensichtlich kalt.
Wertung: 8 / 10