Das Cover von "Vagabond" von Sonic Haven

Review Sonic Haven – Vagabond

Vermutlich hätte Herbie Langhans als neuer Sänger der griechischen Power-Metaller Firewind eigentlich seit einem Jahr auf Tour sein sollen. Dann kam jedoch alles ganz anders und wie die meisten Musiker hatte auch er auf einmal jede Menge Zeit – sogar so viel, dass er nicht nur als Gastsänger auf den Alben diverser Kollegen in Erscheinung treten, sondern mit SONIC HAVEN auch gleich noch eine völlig neue Band aus dem Boden stampfen konnte. Neben seinem Radiant-Bandkollegen Carsten Stepanowicz rekrutierte der Sänger dafür u.a. Drummer André Hilgers (Bonfire) und nahm mit „Vagabond“ flugs ein erstes Album auf. Mix und Mastering der Platte übernahm übrigens Sascha Paeth, der dank seiner Arbeit mit Bands wie Edguy und Avantasia so manchem Metal-Fan ein Begriff sein dürfte.

Auf „Vagabond“ würdigen SONIC HAVEN eine heute fast vergessene Kunst, nämlich den klassischen Power Metal, wie er vor allem in den späten 90ern und Anfang der 2000er en vogue war. Mit ihrer Kombination aus modernem Druck und knackigen Riffs der alten Schule sowie oftmals erhabenen Melodieläufen erinnern vornehmlich im Uptempo-Bereich angesiedelte Nummern wie „End Of The World“, „I Believe“ und „Blind The Enemy“ an das frühe Material von Bands wie Hammerfall, Edguy und Dream Evil. Es wird also schnell klar, dass Herbie Langhans und seine Mannschaft das Genre hier kaum revolutionieren wollen. Das müssen sie auch nicht, denn da auch europäisch geprägter Power Metal heutzutage vornehmlich in Verbindung mit Attributen wie „Progressive“ oder „Symphonic“ geboten wird, ist die unkomplizierte – und nicht selten riff-orientierte – Herangehensweise von SONIC HAVEN durchaus erfrischend.

Riffs sind ein gutes Stichwort, denn obwohl SONIC HAVEN vornehmlich auf erhabene Melodiebögen und große, hymnische Refrains setzen, kommt die Wucht auf „Vagabond“ dank ziemlich präsenter Rhythmusgitarren nie zu kurz. Vor allem in Nummern wie „Back To Mad“ oder „Nightmares“ verbindet die Truppe gekonnt traditionelle Riffs mit moderner Produktion und bildet dank dem grandiosen Gitarrensound auf dieser Platte ein schönes Gegengewicht zu den monumentalen Refrains, die das Gleichgewicht andernfalls vielleicht etwas zu stark in Richtung Kitsch verschoben hätten. Ähnlich verhält es sich mit den Keyboards auf „Vagabond“: Synthesizer sind in fast jedem Song präsent, drängen sich aber nie zu weit in den Vordergrund, obwohl sie oft mehr als bloßer Geräuschteppich sind. Gerade in Songs wie „From White To Black“, „Striking Back“ und der überraschend gut gelungenen Ballade „Save The Best For Last“ erinnert die Musik von SONIC HAVEN so an die großen AOR-Bands der späten 80er. Zusammen mit der kraftvollen Produktion von „Vagabond“ fühlt man sich so auf angenehme Weise an ihre britischen Genre-Kollegen Power Quest erinnert.

Wenngleich SONIC HAVEN auf ihrem Debüt also nichts wirklich Neues bieten, haben sie doch ein schön abwechslungsreiches Album geschaffen, auf dem sie die bekannten Bausteine des melodischen Power Metals in clever komponierten Songs neu zusammensetzen. Von einer superben Produktion auf Hochglanz poliert glänzt hier natürlich jedes der Genre-erfahrenen Bandmitglieder, allen voran Sänger Herbie Langhans: Der Mann mit dem rauen und doch temperierten Organ, das immer irgendwie an Dave Meniketti (Y&T) erinnert, zeigt sich hier in stimmlicher Topform und beeindruckt neben seinem üblichen Gesangsstil auch noch mit einigen reichlich extremen Screams – zumindest bei Firewind hat man das so noch nicht von ihm gehört.

Die spannendsten Formationen im Portfolio von Frontiers Music sind die, deren Namen nicht den Zusatz „A Project By Serafino Perugino“ tragen und die Alessandro Del Vecchio nicht als Produzent und Haupt-Songwriter anführen. Kurz: Richtige Bands, die nicht vom Label-Chef am Reißbrett zusammengestellt wurden oder durch dessen verlängerten Arm kreativ ferngesteuert sind, um es überspitzt zu sagen. SONIC HAVEN gehören zu diesen seltenen Gruppen, für die Frontiers Music tatsächlich „nur“ ein Label ist, das sich um  Promotion und Vertrieb kümmert. Diese kreative Freiheit hört man ihnen deutlich an, denn „Vagabond“ zählt mit Leichtigkeit zu den aufregendsten Veröffentlichungen, welche die italienische Plattenfirma dieses Jahr bisher hervorgebracht hat. Mit ihrem eindeutig von der Hochphase des melodischen Power Metal inspirierten Sound sind SONIC HAVEN zwar immer noch weit davon entfernt, innovativ zu sein, aber ihr gradliniger, eingängiger und doch druckvoller Sound füllt eine Nische, die seit dem faktischen Ende von Dream Evil und dem stilistischen Irrweg von Bloodbound viel zu lange unbesetzt war. Es bleibt zu hoffen, dass „Vagabond“ nicht das einzige Album von SONIC HAVEN sein wird.

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Wertung: 8 / 10

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