Die israelische Combo SOLSTICE COIL dürfte hierzulande noch ein ziemlich unbeschriebenes Blatt sein. Gegründet 2001, veröffentlichten sie 2005 ihr Debüt „A Prescription For Paper Cuts“ im Eigenverlag. Dann wurde es erst einmal wieder ruhig um die Band. Im Juli dieses Jahres schließlich machten sie in der Prog-Szene mit dem YouTube-Video „The Natural Causes carries on…“ von sich reden, in dem sie die dreiteilige Dream Theater-Doku „The Spirit carries on…“ parodierten. Mit der besagten Doku hatten die Progmetal-Könige Dream Theater ihre Suche nach einem Ersatz für Ex-Drummer Mike Portnoy äußerst medienwirksam inszeniert. SOLSTICE COIL nutzten diesen Hype, um von sich und ihrem neuen Album „The Natural Causes“ reden zu machen. Ob es letztendlich etwas gebracht hat, weiß ich zwar nicht, aber immerhin wurde das Video schon mehr als 22.000 Mal angesehen (Stand: Ende August 2011) – und ich jedenfalls habe gut gelacht!
Auf ihrem ausgereiften Zweitwerk präsentiert uns die Band 12 Songs in der Schnittmenge zwischen New Artrock, Hardrock und modernem Progressive Metal, die erstaunlich eigenständig daherkommen. Der markante, immer ein wenig wehleidig-weinerliche Gesang von Shir Deutch dürfte dabei zugleich die größte Besonderheit und auch die größte Einstiegshürde der Musik von SOLSTICE COIL sein. Definitiv Geschmackssache, aber technisch einwandfrei. Auffällig ist, dass die Gruppe nicht von dem allgemeinen Longtrack-Wahn dieser Stilrichtung besessen ist – die längste Nummer „Too Many Regrets“ kommt gerade einmal auf eine Spielzeit von etwas mehr als 6 ½ Minuten. Hier werden also noch richtige Songs geschrieben. Im Gegensatz zu vielen ihrer Genrekollegen prahlen die israelischen Musiker dabei nicht mit technischen Kabinettstückchen, sondern setzen ihr Können stets so ein, dass es dem Song an sich dient.
Stimmungstechnisch bewegen sich die fünf Herren eher in düsteren Gebieten – es handelt sich um ein ernstes, nachdenkliches Album mit einer stets leicht melancholischen Grundstimmung. Dabei beweist man ein Händchen für stimmige Sounds und durchdachte Arrangements ganz ohne Kitsch. Auch produziert ist die 60-minütige Scheibe einwandfrei.
Sehr schön ist übrigens das Booklet geworden: Es handelt sich um ein ausklappbares Poster, dass das Cover des Albums im Großformat zeigt. Auf diesem gibt es jede Menge Details zu entdecken. Jeder Song wird dort von einem bestimmten Motiv oder Element widergespiegelt. Sowas gibt es heute viel zu selten!
Trotz des zweifellos vorhandenen Potenzials springt der Funke bei „Natural Causes“ aber dennoch nicht so richtig rüber – die Musik wirkt ein wenig langatmig und zäh, die Melodien sind zwar prinzipiell eingängig, wollen sich aber nicht so recht im Ohr festsetzen. Nach einigen Hördurchgängen schälen sich aber dennoch ein paar Highlights heraus, die sich für alle Interessierten als Anspieltipps eignen: Da wäre vor allem der knackige Opener „Question Irrelevant“, das gesanglich an Ayreon erinnernde „Human Again“ sowie „Singalong Deathtrap“ und „Designed Instincts“.
Übrigens: Die Band bietet ihr Debütalbum „A Prescription For Paper Cuts“ derzeit auf ihrer Homepage kostenlos zum Download an.
Wertung: 7.5 / 10