Einige Zeit war es still um SOILWORK. Während Sänger Björn „Speed“ Strid mit seiner Classic-Rock-Band The Night Flight Orchestra zwei Alben veröffentlichte, schienen es die Schweden mit Ausnahme einiger Festivalauftritte ruhig angehen zu lassen. Man mag es ihnen nicht verübeln, haben doch nach ihrer letzten Platte „The Ride Majestic“ mit Schlagzeuger Dirk Verbeuren (nun bei Megadeth) und Bassist Ola Flink zwei langjährige Mitglieder die Band verlassen. Nun melden sich die Ikonen des Göteborger Melodic Death Metals mit ihrem elften Langspieler „Verkligheten“, was auf Deutsch „Realität“ bedeutet, zurück. Wie sich die Realität für SOILWORK anno 2019 anhört, offenbart sich dem Hörer nun auf den knapp 50 Minuten Spielzeit.
Und diese 50 Minuten Spielzeit lassen einen mit Staunen und funkelnden Augen zurück. Was die Schweden bisher auf jedem Album ausgezeichnet hat, war die stetige Weiterentwicklung ihres Sounds, ohne dabei den bandeigenen Charakter zu verlieren. So entwickelte sich ausgehend von den Death-Metal-lastigen Frühwerken ein Sound, der an Eingängigkeit, Spielfreude, Abwechslung und Epik von kaum einer anderen Band in ihrem Genre erreicht werden konnte. Auf „Verkligheten“ vollbringen SOILWORK nun das, was nach „The Ride Majestic“ schier unmöglich schien: Sie schaffen es, nochmals eine Schippe drauf zu legen.
Nach dem ruhigen Intro „Verkligheten“ brettert „Arrival“ mit roher Gewalt durch die Boxen, bevor der gesungene Refrain etwas die Fahrt herausnimmt und dem Hörer eine kleine Verschnaufpause gönnt. Der leichte Black-Metal-Einfluss überrascht positiv und Bastian Thusgaard kann hinter den Kesseln sofort beweisen, dass kein Fan Dirk Verbeuren nachtrauern muss. Wie gewohnt gönnen sich Coudret und Andersson an den Gitarren nichts und spielen mit ihren Soli um die Wette. „Speeds“ Vocals klingen wie gewohnt stark und gerade der klare Gesang weist an manchen Stellen Parallen zu The Night Flight Orchestra auf, was sich durchaus positiv in das Gesamtwerk einfügt. Das folgende „Bleeder Despoiler“ schlägt mit seinem stampfenden Introriff und den Off-Beats eine andere Richtung ein, weiß aber genauso zu überzeugen.
Auf „Full Moon Shoals“ beweisen SOILWORK abermals ihr Talent für melodische und ruhige Tracks. Sven Karlssons Keys sorgen hierbei dezent eingesetzt für eine träumerische Atmosphäre, während in „The Nurturing Glance“ ein klassisches Heavy-Metal-Riff den Ton angibt. Für jeden Song ließe sich auf „Verkligheten“ ein Alleinstellungsmerkmal ausfindig machen. Sei dies die durchgängige Double Bass auf „Stålfågel“, die Ohrwurmqualität von „Witan“ oder das rockige Zwischenspiel auf „The Ageless Whisper“. Als i-Tüpfelchen darf Tomi Joutsen von Amorphis auf „Needles And Kin“ eine Strophe zum Besten geben. Dabei ergänzen sich seine tiefen Growls bestens mit „Speeds“ Shouts und Gesang. Man kann gespannt sein, ob man beide auf ihrer kommenden Co-Headliner-Tour zusammen auf der Bühne sehen darf.
Obwohl SOILWORK auf „Verkligheten“ ein Potpourri aus verschiedensten Elementen ihres musikalischen Schaffens und darüber hinaus anbieten, klingt alles wie aus einem Guss. Jedem Bandmitglied werden ausreichend Momente geboten, sich auszuzeichnen, wodurch ein qualitativ enorm hochwertiges und abwechslungsreiches Album aufgetischt wird. Einzig könnte man den Göteborgern ankreiden, mit „Full Moon Shoals“ und „Stålfågel“ die zwei ruhigsten Songs des Albums vorab veröffentlicht zu haben, was so manchen Fan auf eine falsche Fährte geführt haben könnte. Im Endeffekt sollte dies aber keinerlei Rolle spielen, da „Verkligheten“ langjährige Fans wie auch neue überzeugen dürfte. Die Realität im Hause SOILWORK hört sich also gut, außergewöhnlich gut an.
Wertung: 8 / 10
Ich war zwar nie so ein richtiger Soilwork-Fan, aber das Doppelalbum „The Living Infinite“ höre ich regelmäßig sehr gerne und auch „The Ride Majestic“ konnte ich einiges abgewinnen. Aber das hier…? Kitschig, banal, langweilig. Sehen Soilwork-Fans vielleicht anders, aber was man an diesem belanglosen Album toll finden kann, begreife ich nicht so ganz.
Für die einen banal und belanglos, für mich und viele andere jetzt schon komplett undisputed das Album des Jahres. Qualität heißt nunmal nicht nur das es fernab jeglicher Melodie stattfindet.