Adrian Smith muss man wohl niemandem vorstellen. Zwischen 1980 und 1990 spielte er Gitarre bei Iron Maiden, was er auch seit 1999 wieder tut. Zwischendurch war er Gitarrist auf zwei Soloalben von Bruce Dickinson („Accident Of Birth“ und „The Chemical Wedding“) und ist zudem seit 2012 in Primal Rock Rebellion aktiv. Eine Vita, die sich sehen lassen kann. Das gilt nicht weniger für Richie Kotzen, den die meisten Menschen sicher entweder von seiner Zeit in Poison (1991 bis 1993) oder in Mr. Big (1999 bis 2002) her kennen. Des Weiteren ist der gute Mann seit 2012 in The Winery Dogs aktiv.
Zwei beeindruckende Musiker also, die sich nun zusammengetan haben, um ihre Fähigkeiten an Gitarre und Gesang zu kombinieren. Dass man als Bandnamen SMITH/KOTZEN gewählt hat, sollte einiges an Aufmerksamkeit garantieren. Um sicherzugehen, dass die Namen auch sicher nicht übersehen werden, heißt die Platte zusätzlich ebenfalls „Smith/Kotzen“.
Neun Songs finden sich auf dem Kollaborationsalbum der beiden Herren wieder und verteilen sich auf 47 Minuten. Dieser Umstand allein erteilt ellenlangen Gitarrensolo-Epen von Anfang an eine Absage, auch wenn SMITH/KOTZEN in puncto Soli nicht knauserig sind und den Hörern ausgiebig ihre Fähigkeiten am Sechssaiter präsentieren. Allerdings verlegen sich die beiden Protagonisten nicht auf endlose Griffbrettarbeit, sondern setzen ihre Künste songdienlich ein.
Die Tracks auf „Smith/Kotzen“ bewegen sich stilistisch alle im Bereich des Hardrocks der 70er Jahre, jedoch am tiefenentspannten, bluesigen Pol des Genres. Als Referenzen kommen dabei „Turbular Bells“ von Mike Oldfield oder „Still Got The Blues“ von Gary Moore in den Sinn, auch wenn bei den Songs von SMITH/KOTZEN immer auch eine härtere Facette im Hintergrund mitschwingt, wie besonders „Solar Fire“ unter Beweis stellt.
Dass die Gitarrenabreit bei dieser Zusammenarbeit ohne Fehl und Tadel sein würde war im Vorherein klar, ebenso, dass Richie Kotzen eine tolle Stimme mitbringen würde. Dass aber Adrian Smith mit einer großartig rauchig-beseelt-bluesigen Gesangsleistung aufwarten würde, war kaum abzusehen. Diese Überraschung gibt „Smith/Kotzen“ einen weiteren Pluspunkt.
Highlights der Platte sind sicher das emotionale „Scars“, das kräftige „Running“, die erste Single „Taking My Chances“ oder der Slow-Blues (inklusive Hammondorgel) „Glory Road“. Zudem muss der Sound der Scheibe lobend hervorgehoben werden, für den Kevin Shirley verantwortlich zeichnet, der u. a. schon Musik von Dream Theater und Joe Bonamassa klanglich veredelte. „Smith/Kotzen“ klingt zeitgemäß, aber nicht übermäßig modern, kommt organisch daher und vermittelt das Flair einer Band – sicher auch, weil SMITH/KOTZEN eben fast durchgängig von den beiden Protagonisten eingespielt wurde. Eine Ausnahme bildet hier lediglich das Schlagzeug, für das man sich Nicko McBrain (Iron Maiden) und Tal Bergman auf vier der neun Songs des Albums als Gäste dazu geholt hat.
„Smith/Kotzen“ ist damit unterm Strich eine Zusammenarbeit zweier musikalischer Schwergewichte, die besser nicht hätte funktionieren können. Das Debüt der Band versprüht ein angenehm entspanntes Flair, begeistert mit starkem Songwriting und fabelhafter Instrumentalarbeit sowie einer großen emotionalen Bandbreite. Mit Metal haben SMITH/KOTZEN nichts am Hut, aber für den anstehenden Frühling und Sommer ist dies ein großartiger Soundtrack, um lange, warme Abende zu genießen.
Wertung: 8.5 / 10