Aus dem musikalisch immer produktiven Schweden kommt mit SKY OF RAGE eine neue Band daher, deren Line-Up sofort aufhorchen lässt. Joachim Nordlund an der Gitarre? Das ist doch einer der Gründer von Astral Doors, dem (wohl leider ewigen) Geheimtipp der schwedischen Hard Rock/Heavy Metal-Bands. Ein zweiter Blick offenbart weitere Parallelen: Bassist Mika Itäranta spielte bis vor zwei Jahren noch bei Astral Doors und auch der ehemalige zweite Gitarrist von Astral Doors, Martin Haglund, ist an Bord – allerdings als Mischer. Der Rest der Band wurde offenbar aus dem erweiterten Freundeskreis rekrutiert, aufgenommen praktischerweise in Nordlunds Studio „Big Turn“. Bei solchen Häufungen werde ich immer misstrauisch, weil das Risiko droht, in einem Akt musikalischen Inzests nichts weiter als einen Abklatsch zu produzieren.
Zum Glück habe ich mich mal wieder geirrt. Stattdessen hat die hohe Professionalität der Bandmitglieder und der Produktion ein erfreuliches Album hervorgebracht, das irgendwo an der Schnittstelle von Hard Rock und Melodic Metal steht. Insgesamt fällt SKY OF RAGE also etwas „sanfter“ aus als der logische Vergleichspunkt Astral Doors. Elf melodische, eingängige und absolut sauber, aber nie klinisch produzierte Songs werden auf den Hörer losgelassen, dass es eine wahre Freude ist – zumindest auf der ersten Hälfte des Albums. Aber dazu später mehr.
Zuerst ein Wort zur musikalischen Leistung. Erfreulicherweise trifft Sänger Carlsson eine andere Stimmlage als der Stammsänger von Astral Doors, so dass man sich die Vergleiche ersparen kann. Am ehesten passt er in die AOR-Schublade, singt also halb hoch und klar, mit gefälligem Timbre. Allerdings erschließt es sich mir nicht, warum die Presseinformationen betonen, dass die Band jemanden rekrutiert habe, der auch Growls singen kann. Nicht, dass welche auf dem Album vorkämen, sieht man mal von zwei Textzeilen auf dem Titeltrack „Sky Of Rage“ ab, die aber in den Hintergrund gemischt sind. Das ist fast ein wenig schade, denn etwas Innovation im Gesang hätte sicher nicht geschadet.
Das ist aber auch schon das einzige Negative an der Performance der Band. Denn auch die Instrumente sind professionell und abwechslungsreich gespielt, wobei kein Musiker zum Sideplayer gerät, sondern in allen Spuren eigenständige Elemente eingebracht werden, die auch beim wiederholten Hören noch Spaß machen. Vereinzelt kommen ein paar Keyboards hinzu, die ein paar Songs auflockern (z. B. auf „Countdown“).
Nun zu den Problemen. Hier fällt unangenehm auf, dass alle starken Songs in die erste Hälfte des Albums gepackt wurden. Der Opener „Stardust“, das coole „Countdown“, aber auch der Ohrwurm-Refrain von „Speed of Light“ – durchweg ist alles Spitzenmaterial nach vorne geschoben. So baut das Album eine Erwartung auf, die es in der zweiten Hälfte nicht halten kann. Zwar gibt es auch hier noch handwerklich gelungene Arbeit, aber richtig im Kopf bleibt keiner der späteren Songs.
Ebenfalls irritierend ist, dass eine der Schwächen von Astral Doors übernommen wurde: die etwas einseitigen Texte. Warum muss ich so oft „bible“ oder „stars“ hören? Es ist bei SKY OF RAGE weniger ausgeprägt, aber völlig umschiffen können die Schweden diese Klischee-Klippe offenbar nicht.
Am Ende bleibt „SOR“ ein wirklich gelungenes Debütalbum einer Band, deren Musiker einfach gute Musik machen wollten. Gelungen ist das auf jeden Fall. Für zukünftige Releases sollte man sich aber überlegen, wie man sich besser vom großen Schatten lösen kann und wie man Songs auf einer Scheibe verteilt. Aber angesichts der schon bewiesenen Qualität darf man hoffen, dass es sich bei SKY OF RAGE nicht um eine Eintagsfliege handelt.
Wertung: 8 / 10