"Killing For Revenge" von Six Feet Under

Review Six Feet Under – Killing For Revenge

  • Label: Metal Blade
  • Veröffentlicht: 2024
  • Spielart: Death Metal

Während ganz Deutschland die Legalisierung von Cannabis debattiert, kam aus der Death-Metal-Hochburg Florida eine eher unerwartete Meldung: Chris Barnes entsagt dem Bubatz (und auch sonst allen Drogen), und das schon seit 2022. „It’s kind of changed gears a little in my life“, so der SIX-FEET-UNDER-Sänger. Dass der Dreadhead auf aktuellen Fotos im besten Sinne kaum wiederzuerkennen ist, dürfte eine Folge des neuen Lebenswandels sein – und auch sonst wirkt der Sänger, als hätte er einen Gang hochgeschaltet.

Zwar ließ das Album „Killing For Revenge“ vier Jahre auf sich warten – dafür klingt Chris Barnes, und das ist die brisanteste Neuigkeit im Kontext dieser Veröffentlichung, wieder nach Chris Barnes. War das letzte Album „Nightmares Of The Decomposed“ (2020) vornehmlich wegen seiner in der Phrasierung völlig orientierungslosen, grauenhaft kraftlosen und schlicht kaputten Stimme eine Enttäuschung, gibt es am Gesang auf „Killing For Revenge“ wenig auszusetzen. Aus voller Lunge grunzt Barnes, was die Stimmbänder hergeben. Und das ist, ob nun der Enthaltsamkeit zu verdanken oder auch nicht, endlich wieder so einiges. Abwechslungsreich klingt das zwar nicht, zumindest aber nicht mehr peinlich.

Auch dass das Album-Artwork nach zwei eher missratenen Experimenten mit modernen Methoden ein ganz klassisches Gemälde ist, ist ein interessanter Fakt – zumal dafür ausgerechnet Vincent Locke verantwortlich zeichnet. Mag sein Name auch nicht jedem geläufig sein: Seine Bilder kennt jeder Death-Metal-Fan. Denn Lockes Arbeiten zieren seit dem Debüt „Eaten Back To Life“ (1990) jedes Album von Barnes‘ Ex-Band Cannibal Corpse. Dass SIX FEET UNDER jetzt also nicht nur erstmalig ein Gemälde auf dem Cover haben, sondern einen „echten Locke“, dürfte kein Zufall, sondern durchaus als Wink mit dem Zaunpfahl zu verstehen sein.

Auch musikalisch setzen SIX FEET UNDER nämlich ihren mit „Nightmares Of The Decomposed“ eingeleiteten Stilwechsel fort. Vom groovigen „Kiffer-Death-Metal“, mit dem sich Barnes in den 1990er-Jahren zwar nicht nur Freunde, aber doch eine eigene Nische erspielt hatte, ist auf „Killing For Revenge“ nahezu nichts mehr übrig: Echten Downtempo-Death gibt es nur in „Hostility Against Mankind“ und „Neanderthal“ zu hören, und zum Albumabschluss nimmt „Spoils Of War“ nochmal das Tempo raus. Wenn man ehrlich ist, gehören diese Tracks aber nicht unbedingt zu den Highlights des Albums. Dazwischen – und zwar wirklich von der ersten Sekunde an – drücken SIX FEET UNDER das Gaspedal bis zum Anschlag runter.

Aufgrund seiner sehr trockenen Abmischung braucht es zugegebenermaßen etwas Zeit zur Eingewöhnung – dann fügen sich Sound und Songs aber durchaus zu einer stimmigen Death-Metal-Walze. Denn nicht nur Chris Barnes, auch das Gitarristen-Duo Jack Owen/Ray Suhy leistet auf dem zweiten gemeinsam erarbeiteten Album solide Arbeit. Dabei sind die furiosen Soli (etwa in „Ascension“) allerdings auffälliger als das Riffing, bei dem sich auf die Gesamtspielzeit von 46:48 Minuten dann doch zu viel Beliebigkeit eingeschlichen hat: Zwar startet das Album mit „Know-Nothing Ingrate“ durchaus griffig, und auch später finden sich noch ein paar wirklich gute Tracks – das rasend schnelle „Judgement Day“ etwa. Über weite Strecken klingt „Killing For Revenge“ aber selbst für Florida-Death ziemlich eintönig und generisch.

Immerhin: „Killing For Revenge“ ist keine Blamage. Das ist, nach Barnes‘ indiskutabler Gesangsleistung auf dem letzten Album, definitiv keine Selbstverständlichkeit gewesen. Auch steht der neue Sound dem Material gut zu Gesicht. Allein, die Kompositionen selbst halten leider nicht, was sich zunächst versprechen: Dass der Stallgeruch von SIX FEET UNDER endgültig passé ist, ist das eine (und muss einer Band nach so entscheidenden Line-up-Wechseln zugestanden werden). Aber leider ist „Killing For Revenge“ zu routiniert durchkomponiert, um im neuen Terrain wirklich einzuschlagen. Mit anderen Worten: Wer diese Art Death Metal hören will, hört besser gleich Cannibal Corpse.

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Wertung: 6.5 / 10

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3 Kommentare zu “Six Feet Under – Killing For Revenge

  1. Review:

    A SFU Album with fast Thrash Metal influences… Sounds weird but hell yeah it works! But this ist the only good Thing 🫣
    Barnes Voice still sounds creeeeeepy. I cant get into this. Im sad. At least No EEEEEEEEEEEs from Chris 😁

    Better than the Fiasko from 2020, give IT a Chance.

    Play Tipps:

    KNOW NOTHING INGRATE
    ASCENSION
    WHEN THE MOON …
    COMPULSIVE
    BESTIAL SAVAGERY
    JUDGEMENT DAY

    Some Tracks Sound similar 😕

    And the Last Song is a Cover Song, teeeeeeeerible 🤮

    auf gut DEUTSCH, soldier Durchschnitt… die Stimme klingt leider immer noch grauenhaft…

  2. Schön, dass Barnes wieder nach sich selbst klingt, auch wenn die Platte – genau wie oben beschrieben – echt niemanden umwirft.

    Deutlich besser als der Vorgänger ist sie immerhin, auch hier Zustimmung. Aber warum hat sie dann nur einen halben Punkt mehr?

    1. Weil ich nicht finde, dass sie „deutlich“ besser ist. Dem deutlich besseren Gesang steht das – wie ich finde – deutlich langweiligere Songwriting gegenüber, und auch der Sound überzeugt mich nicht wirklich. Insofern: NUR auf den Gesang bezogen ist sie in der Tat um Welten besser, als Album insgesamt (meinem Empfinden nach) eben nur etwas. Schlussendlich sehe ich leider auch bei dieser Platte nicht wirklich kommen, dass ich sie noch oft einlege, und damit ist alles über 6.5 irgendwie nicht gerechtfertigt.

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