Wenn es um Sleaze Rock geht, hat Schweden im internationalen Vergleich die Nase vorn: Bands wie Hardcore Superstar, Sister und Crashdiet haben schon lange dafür gesorgt, dass nicht Kalifornien sondern Skandinavien die erste Adresse für Haarspray-Jünger rund um den Globus geworden ist. Mit SISTER SIN konnte sich in jüngeren Jahren eine weitere Band etablieren, die mit „Now And Forever“ nach einiger Verzögerung nun endlich ihr drittes Album veröffentlicht.
Sleaze Rock kann man in Schweden also generell ziemlich gut und ähnlich wie bei den bereits genannten Kollegen steckt auch bei SISTER SIN eine Menge Sunset Strip drin: Mit „End Of The Line“ findet die Platte nach kurzem Bombast-Intro einen fulminanten Einstieg und sowohl Riffing als auch Gesang und insbesondere der Refrain lassen hier sofort an Mötley Crüe denken und verorten die Truppe so im Fahrwasser von Crashdiet. Überhaupt scheinen die Schweden um Frontfrau Liv Jagrell das Prinzip Sleaze Rock in seiner Gesamtheit ebenso gut verstanden wie verinnerlicht zu haben. Songs wie „Fight Song“, „Hearts Of Cold“, „Hang ’Em High“ oder auch „I’m Not You“ geben ordentlich Gas und klingen in ihrer Mischung aus traditionellem Hard Rock und rotziger Punk-Attitüde so authentisch, dass sie ebenso gut in den Haarspray-intensiven 80er entstanden sein könnten.
SISTER SIN haben also seit ihrem Debüt „Switchblade Serenades“ von vor vier Jahren offenbar einiges dazu gelernt und sich seither zu Recht als feste Größe im Sleaze Rock etabliert. Dabei fällt vor allem auf, dass der ehemals nölige Gesang der Frontfrau inzwischen absolut stilsicher ausfällt und sich – man muss es einfach sagen – weder in Stimmlage noch Melodieführung großartig von den männlichen Vertretern der Zunft unterscheidet. Obendrein ist „Now And Forever“ ein ziemlich schnelles Album geworden, das vorwiegend mit schön treibenden Songs punktet, weshalb auch bei knapp 40 Minuten Spielzeit trotz einer gewissen Gleichförmigkeit des Materials keine Langeweile aufkommt.
Ansonsten fällt das Gebotene natürlich nur so originell aus, wie es in der in Frage stehenden Sparte eben möglich ist. Soll heißen: Trotz hinreichend innovativer Riffs hört man den Schweden ihre Vorbilder zu jeder Sekunde an, die Texte sind teils zum Fremdschämen dämlich und die Leadgitarren fallen in erster Linie zweckdienlich aus. Was zählt ist aber das Gesamtbild und das lässt auf „Now And Forever“ keinerlei Wünsche offen: Verpackt in eine absolut konkurrenzfähige Edel-Produktion mit beneidenswertem Gitarrensound bieten SISTER SIN auf Album Nummer drei ebenso straighte wie eingängige Rockmusik mit maximalem Mitsing-Faktor, die sich schon nach einem Durchlauf im Gehörgang festsetzt. Anders würde man es auch nicht haben wollen.
War „Switchblade Serenades“ noch nicht das Gelbe vom Ei, so haben SISTER SIN in den letzten Jahren dank ausgiebigen Tourens so viel Erfahrung gesammelt, dass mit „Now And Forever“ nun endlich der Weg an die Spitze frei ist: Mit ihrem neuen Album brauchen die Schweden den Vergleich zur Konkurrenz wahrlich nicht länger zu scheuen und dürfen ohne weiteres als auf Augenhöhe mit Bands wie Crashdiet und Hardcore Superstar betrachtet werden.
Wertung: 8.5 / 10