Das Besetzungskarussell kam in den letzten Jahren bei SINNER nur sehr selten zum Stillstand und dreieinhalb Jahre sind ein Zeitraum, in dem etliche Umdrehungen möglich sind. Entsprechend haben sich bei den Rocker um Mat Sinner seit „Touch Of Sin 2“ auch einige Änderungen ergeben und so wurden aus drei Gitarristen wieder zwei, wobei neben Alex Scholpp nun wieder Tom Naumann musiziert. Auch Drummer Andre Hilgers nahm seinen Hut, weshalb das neue SINNER-Album „Tequila Suicide“ von Primal-Fear-Drummer Francesco Jovino eingetrommelt wurde.
Weil Bandkopf Mat Sinner die kreativen Fäden bei SINNER sowieso als einziger in Händen hält, konnten auch mehr oder weniger drastische Besetzungswechsel der Truppe noch nie wirklich etwas anhaben. Auch „Tequila Sucide“ schlägt somit wieder in die gleiche Kerbe wie die bisherigen Alben des Bassisten, was im Klartext heißt, dass hier einmal mehr kernige Metal-Riffs nach ur-teutonischen Rezept mit bluesigen Hard Rock-Arrangements nach dem Vorbild von Thin Lizzy zu überaus partytauglicher Rockmusik mit eine gehörigen Portion Schmackes verquast werden. SINNER wie immer also?
Einerseits ja, andererseits ist es dem Bandchef bisher allerdings auch stets gelungen, seine Band von Album zu Album ein Stück weit neu zu erfinden und auch „Tequila Suicide“ ist bei weitem kein lahmer Neuaufguss von „One Bullet Left“. Stimmt schon, Nummern wie „Road To Hell“ oder vor allem „Battle Hill“ sind mit ihrer massiven Thin-Lizzy-Schlagseite in Tateinheit mit gewohnt hohem Energielevel recht typische SINNER-Songs, aber dennoch erlebt die Hörerschaft auf diesem Album mehr als nur eine Überraschung.
Die drastischsten Neuerungen im Vergleich zum Vorgängeralbum sind dabei wahrscheinlich die beiden eher balladesk angehauchten Titel „Sinner Blues“ und das abschließende „Dying On A Broken Heart“, in denen Herr Sinner sich von seiner gefühlvolleren Seite zeigt, ohne dabei in übermäßigen Kitsch abzudriften und das ist gar nicht so einfach. Hinzu kommen Nummern wie das vielschichtig arrangierte „Dragons“, welches auch zu einer Band wie Victory passen würde oder das zunächst treibende „Why“, dessen Refrain unerwarteterweise von dezenten Cleangitarren getragen wird.
Abgerundet wird „Tequila Suicide“ von gradlinigen Rockern wie dem Titeltrack, „Gypsy Rebels“ oder „Loud & Clear“, die mit erhabener Zweistimmigkeit für Gänsehaut sorgen können und obendrein mit wirklich knackigen Riffing und tollen Leadgitarren punkten – letzteres liegt einerseits daran, dass der zurückgekehrte Tom Naumann ebenfalls ein begnadeter Musiker ist, SINNER mit Saitenhexern wie Ozzy-Osbourne– und Firewind-Gitarrist Gus G. sowie dem u.a. bei Primal Fear angestellten Magnus Karlsson hochkarätige Gastmusiker für ihr neues Album gewinnen konnten.
Dabei mag es durchaus sein, dass SINNER auch auf ihrem neuen Album wieder nur die wenigsten Klischees des Genres auslassen, allerdings hat Herr Sinner erwiesenermaßen ein Händchen für effektives und stilsicheres Songwriting, weshalb auch „Tequila Suicide“ absolut authentisch aus den Boxen kommt. Und dank der hervorragend ausbalancierten Mischung aus Hard Rock und Heavy Metal dürfte diese Platte direkt in den Taktfuß von Traditionsmetallern jeglicher Couleur fahren.
Wo SINNER draufsteht, ist SINNER drin und so weiß jeder Fan der Herren natürlich auch im Falle von „Tequila Suicide“ sofort, was er bekommt. Dennoch gelingt es der Truppe einmal mehr, ihren Sound frisch zu halten und zehn zeitlos gute Rock- und Metal-Songs zu präsentieren, wobei sie sich weder selbst kopiert noch altbacken klingt. Dank des gekonnten Songwritings des Bandkopfs sowie der hochkarätigen Ansammlung an Musikern, die auf dieser Platte vertreten ist, reiht sich „Tequila Suicide“ nahtlos in die lange Liste hervorragender Alben aus dem Hause SINNER ein.
Wertung: 8 / 10