Review Sigh – Gallow’s Gallery

SIGH mögen ja gut und gerne die erste Black Metal-Band aus dem schönen Japan gewesen sein, „Gallow’s Gallery“ aber vermittelt einen gänzlich anderen Eindruck. Das morbide, bedrückend und apokalyptisch wirkende Coverartwork lässt wohl etwas ganz anderes vermuten, aber das was SIGH hier bieten hätte man weder von ihnen noch von einer anderen Formation erwarten können.

Schon nach wenigen Sekunden dürfte sich die Zuhörerschaft in zwei Lager spalten, die eine Hälfte wird kopfschüttelnd nach der Stop-Taste drücken, während der Rest – möglicherweise ebenfalls kopfschüttelnd – Spaß, Freude und Begeisterung verspürt. Von der schwarzmetallischen Vergangenheit ist kein bisschen zu erkennen, SIGH legen mit „Pale Monument“ bombastisch und höllisch kitschig los und befinden sich nach dem Genuss eines erlesenen Potpourris verschiedenster Rauschmittel anscheinend auf einem wahnsinnigen Trip. Unterstrichen wird das auch noch vom exzessiven Einsatz des Keyboards, indischen Klängen, dem Saxophon mit seinen Free-Jazz-Einschüben, elektronische Passagen, Glocken und sonstigen teils undefinierbaren Geräuschen. Darüber legt Frontmann Mirai einen komisch-verzerrt-verfremdeten Klargesang, der sich nach einem extraordinären Chor anhört. Sein früheres Black Metal-Kreischen legte er fast komplett ab, teils wurde es unscheinbar im Hintergrund eingeflochten.
Normale Instrumente gibt es hier übrigens auch, und einige der Gitarrenparts wurden sogar von prominenten Namen eingespielt: Niklas Sundin (Dark Tranquillity), Gus G. (Firewind) und Gunface (The Red Chord) sind nur einige der Gäste.

Es kann aber wahrlich lange dauern, bis sich wahre Zuneigung zu „Gallow’s Gallery“ entwickelt. Der Gesang schreckt anfangs gnadenlos ab, die Scheibe ist störrisch wie ein Stier und etwa so geradlinig wie ein Bündel Bananen. Nach einiger Zeit aber sind Lieder wie „Pale Monument“ direkt eingängig, der psychedelische „Tranquilizer Song“ zaubert ob seiner Kuriosität ein ums andere mal einen Schmünzler auf die Lippen und bei Krachern wie „Midnight Sun“ und „Messiahplan“ tanzt die gesamte versammelte Koboldparade nackend auf den Tischen, während drum herum einige Clowns mit geschärften Hackebeilen ihre Runden drehen.

Experimente geglückt, SIGH spinnen einfach und haben mit „Gallow’s Gallery“ ein kurioses, einfallsreiches, einzigartiges und mächtig abgedrehtes Album abgeliefert, das eben erst nach ein wenig Einarbeitungszeit seine Strukturen und seine Ordnung offenbart. Und auch wenn oft gesagt wird, der Sound hierauf sei voll Anus: Das Schlagzeug klingt zwar etwas matschig und zu leise und die Keyboards sind oft sehr schrill, aber irgendwie passt es hier eben auch dazu. Was will man hier auch mit einem normalen Sound, wenn einem vor Augen möglicherweise eh eine Mischung aus der „Hi Hi Puffy AmiYumi“-Show und abgedreht tanzenden Anime-Figuren vor Augen schwirrt.

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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