Es gibt schon seltsame Musik da draußen. „The Curse Of The Gift“, das neue Album der Hardrock-Band SHIVA um Frontfrau Annette Johansson, gehört dazu. Nicht, dass ich es absolut seltsam finde, dass der Promozettel eine Band mit einer Frau als Sängerin, von der ich zudem noch nicht einmal gelesen habe, in den höchsten Himmel lobt. Das ist wohl allen Promozetteln dieser Welt gemeinsam. Ohne jedoch einen Ton gehört zu haben, machte sich bei mir ein seltsames Gefühl in der Magengrube breit, das in etwas suggerierte: „Braucht die Welt noch eine solche Band mehr?“
Ich lege das Ding also in den Player, in freudiger Erwartung einer weiteren Nightwish/Within Temptation-Coverband, gespannt auf die angekündigten „großartigen Hooks“ und die neue „progressive Seite“ der Band, die sie auf ihrem schon dritten Album eingeschlagen habe.
Gar schroffe, total platt und öde produzierte Gitarrenriffs springen mir entgegen. Dazu stumpfes Getrommel, dann eine growlende Männerstimme. Moment mal, sollte hier nicht ne Dame singen? Ein Blick ins Booklet erklärt alles: Magnus Forsberg hat auf dem Opener „When Tomorrow Never Comes“ ein kurzes Sänger-Gastspiel. Doch schon bald übernimmt Annette Johansson das gesangliche Ruder, es entwickelt sich ein epischer Melodic Metal-Track mit durchaus netten instrumentalen Einschüben, aber einer nach wie vor eher nur durchschnittlichen, undynamischen Produktion. Das nachfolgende „Prelude“ ist ein kurzes, ruhiges Gesangs-Interludium, ehe es mit „Kill The Past“ tatsächlich im erwarteten Nightwish-Modus weitergeht. Ich habe bei diesem und auch dem Großteil der folgenden Tracks den Eindruck, dass die Band einfach nicht genau weiß, wo sie hin möchte. Vieles klingt nach epischem Melodic Metal, gelegentlich gibt es nette, ganz kurz Prog-Einsprengsel, die aber viel zu kurz sind, um wirklich hängenzubleiben. Eine gewisse Affinität zu Hardrock muss der Band auch attestiert werden – erst recht deshalb, weil Frontfrau Annette Johannson eher eine raue Rockröhre Marke Doro Pesch hat, als eine (Möchtegern-)Opernstimme wie ehemals Tarja bei Nightwish – dennoch versucht sich Frau Johannson immer wieder an operesken Parts im Hintergrund, ganz nach dem großen Vorbild. Ihr fehlt dabei nicht nur die stimmliche Brillianz und Ausdruckskraft von so mancher Kollegin, sondern auch der (zumindest mir) sehr wichtige Wiedererkennungsfaktor und Sexappell, den eine weibliche Stimme ausstrahlen kann. Der Gesang ist der Musik insgesamt also nicht unbedingt zuträglich.
Auf instrumentaler Ebene gibt es die üblichen Bemerkungen zu machen: Nach vorn knallendes, wenig interessantes Drumming paart sich mit hymnischen, flachen (und kitschigen!) Keyboardsounds, die Gitarren kommen, vermutlich produktionsbedingt, extrem flach rüber. Am gelungensten sind wohl die kurzen Akustikgitarren-Elemente, die immer mal wieder eingestreut werden. Die ein oder andere nette Melodie ist schon zu verzeichnen, beispielsweise im Titeltrack und vor allem in „I’m Not The One“, dennoch versinkt „The Curse Of The Gift überwiegend im Mittelfeld. Da die Platte mit nur 43 Minuten auf zwölf Tracks verteilt auch nicht gerade besonders lang ist und das Artwork darüber hinaus wenig ansprechend, gibt es für mich nicht wirklich einen Grund, die Langrille weiterzuempfehlen.
Musikhörer, die mit Nightwish und Within Temptation sympathisieren, dürfen gern mal ein Ohr riskieren. Ich denke aber, dass sie das hier Gebotene schon in besserer Version (sowohl was Produktion und Songwriting angeht) im Schrank stehen haben.
Wertung: 5 / 10