Review Shining – V – Halmstad

  • Label: Osmose
  • Veröffentlicht: 2007
  • Spielart: Black Metal

SHINING haben letztens die Werbetrommel gut gerührt, als bekannt wurde, dass Kvarforth tot sein soll und man mit Ghoul den neuen Fronter präsentieren konnte. Später kam Kvarforth wieder hinzu, als ob nichts gewesen sei. Diese Chose wurde nicht von allen locker gesehen aber Fakt ist, dass SHINING dadurch mal wieder Gesprächsthema waren. Nun erscheint also in diesen Tagen „V – Halmstad“ und damit freilich ein Werk, auf das so mancher regelrecht brannte. Das Cover selbst ist auf den ersten Blick unspektakulär, greift von der implizierten Stimmung her aber die Musik der Schweden auf. Düster, einsam, skurril und die daraus resultierenden Möglichkeiten, wenn man so will.

Einleitend vernimmt man das flüsternde Sprechen einer verstörten oder zumindest zutiefst psychisch kranken Person. Im Laufe des Hörens stellt man auch fest, dass SHINING grundsätzlich nichts an ihrer Art zu spielen geändert haben. Vielmehr hat das Quintett ihren Stil noch weiter verbessert. Hinzu kommt ein klarer und sehr guter Sound, der dieser vertonten Groteske nur gerecht wird. Doch beginnen wir, wo man üblicherweise anfängt: Kraftvoll ertönen die Instrumente, die Gitarren konstruieren eine regelrechte Klangeswand und Kvarforth kreischt erstmals manisch auf. Doch die Schweden verlassen abrupt diesen Pfad und es wird melodischer. Man lauscht dem sich immer wiederholenden, traurigen Riffing, welches später durch eine zweite Gitarre komplettiert wird. Kaum ist der Himmel endgültig verfinstert, lassen SHINING kurzzeitig durch ein imposantes Interludium aufhorchen, um später wieder in diese lethargische Agonie zu verfallen, welche „Yttligare Ett Steg Närmare Total Jävla Utfrysning“ generell innewohnt. „Längtar Bort Från Mitt Hjärta“ greift diese Szenerie zunächst einmal auf, verändert diese aber, arbeitet also mit ihr und leitet sie letztlich in andere Bahnen. Diese sind dann hier ein energisches Herausschreien und –rufen des Leides, der ganzen Seelenlast. Dabei drängt sich das Bild eines Kvarforth als dunkler Bote oder Prophet auf, man kann sich also eine Vorstellung dieser Intensität machen. Doch aus dieses Mal liegt nur ein kurzfristiger Stimmungswechsel vor, es wird wieder ruhig und bedächtig. An Geisterscheinungen oder Hirngespinste erinnernde, unterschwellige Geräusche begleiten dieses Stadium der Fixierung auf sich selbst.

„Låt Oss Ta Allt Från Varandra” schafft Abhilfe und fährt Klangesmauern auf, man kann sich fast die wahnwitzigen Fratzen der fünf Schweden vorstellen, wenn der Hörer schier vom Klang erstaunt erdrückt wird. Doch wieder ein schlagartiger Abbruch; eine weinende, schluchzende und klagende Mädchenstimme kommt auf und wimmert ihr Leid in die Welt hinaus. Dies wird von tragischen Geigentönen und sanftem, aber traurigem Klavier begleitet. Diese ergreifende Melancholie wiederum scheint den Verursacher der Pein, welcher in diesem Falle sicher mit dem Gesang gleich gesetzt werden kann, anzustacheln, sich erneut abschätzig und freudig zu erheben. Doch kommen wir wieder zur Musik an sich zurück: Letztlich beweisen die letzten Zeilen nur eines und zwar, dass der Hörer unglaublich gebannt „V – Halmstad“ lauscht und einfach nur begeistert zuhören kann. Das nächste Stück „Besvikelsens Dystra Monotoni“ beginnt mit panischem und hektischem Geigengeschrammel, bevor die typischen Instrumente schließlich die Führung übernehmen. Kvarforth faucht und kreischt dabei wie ein tollwütiger Hund, die Gitarren drehen im Anschluss daran voll auf und verzücken mit sirrenden Klängen. Geistig abwesend erschallen die nächsten Laute von Kvarforth, verhallen jedoch in der monotonen Melodie, welche nach mehr lechzt. Man weiss also beim Hören, da passiert gleich noch was. So ist es auch; kranke, wahnsinnige und schizoide Schreie folgen. Unterstützt durch obskure Töne, welche wie die gestörten Brüder von Paganwaldeshymnen wirken. Langsam aber bedrohlich verklingt die Szene, erlischt aber noch nicht, wofür ein gleich bleibender Bass sorgt, welcher dumpf vor sich hin wummert und irgendwie inspirierenden Charakter besitzt. Nach achteinhalb Minuten wird das SHINING-Gewitter erneut entfesselt und entblößt jegliche Gefühlshemmungen.

Was nun folgt, ist ein weitestgehend instrumentaler Einschub:
„Åttiosextusenfyrahundra”, zu Deutsch 86.400, entspricht der Sekundenzahl einen Tages. Insofern ist es nur logisch, dass die Band diese Sache trist, kahl und finster klingen lässt. Will man dies interpretieren, so ist das Leben schlicht trostlos und nicht erwähnenswert. Naja, kennt man ja von SHINING, die Beurteilung ist also jedem selbst überlassen. „Neka Morgondagen” tritt nun auf und mit ihm der letzte Track. Man kann die Sache kurz fassen und dem Lied einen resümierenden Charakter bescheinigen. Es besitzt Höhen und Tiefen, plötzliche Wandlungen und zeigt den Geist der Band auf. Und wenn man so will, und wenn man ein Faible für Filme hat, in denen am Ende dem Antagonisten die List aufgeht, welche der Protagonist geschickt geflochten hat, es aber im Prinzip nun egal – da zu spät – ist, so darf man diese Gedanken auf „Neka Morgondagen“ übertragen.

SHINING 2007: Eine Band, welche mit geschicktem Marketing Gesprächsthema war und ist. Eine Band, welche geniale Musik erschafft. Nach wie vor. Doch dieses Mal ist es anders: Noch nie war ein Album der Mannen intensiver, „V – Halmstad“ ist die bisherige Perfektion ihres Stils, man konnte sich absolut steigern. Jeden bisherigen Fan ihrer Musik wird dieses Opus völlig in sich aufsaugen und nicht entlassen, bevor die sechs Stücke verklungen sind. Keine Frage, dies ist eines der Werke, an dem in diesem Jahr andere Bands dieses Genresektors erst einmal vorbeikommen müssen.

Wertung: 10 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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