Gitarrenwände, massiv und apathisch wie ein brutalistischer Plattenbau; ein Schlagzeug, gespielt im Rhythmus eines Trauermarschs; Keyboardschauer, in denen man wie in einem Ozean zu versinken droht; über alledem ein monströses Grollen, kaum noch als menschliche Stimme zu erkennen. Dies sind die Charakteristika, die den Funeral Doom zum vielleicht bedrückendsten aller Metal-Subgenres machen. Lange verharrte die in den frühen 90er Jahren entstandene Nischenstilrichtung in einer kaum beachteten Totenstarre, ehe SHAPE OF DESPAIR ihr mit „Monotony Fields“ (2015) neues Leben einhauchten. Sieben Jahre nach dieser Wiedererweckung des Genres durch eine Band, die bis dahin elf Jahre lang kein neues Album veröffentlicht hatte, kehren SHAPE OF DESPAIR auf „Return To The Void“ künstlerisch zu ihren Anfängen zurück.
Ihre behauptete Rückbesinnung auf ihre Vergangenheit unter dem Namen Raven hat bei SHAPE OF DESPAIR zwar keinen großen Stilumbruch bewirkt, eine gewisse Veränderung merkt man der Platte aber doch an. Eher moderne Einflüsse wie das in Richtung Post-Rock schielende Intro des Titeltracks von „Monotony Fields“ finden sich auf „Return To The Void“ nicht mehr und die zuletzt im Mittelpunkt gestandenen Keyboards spielen nur noch eine Nebenrolle. Dem Stil und Sound nach zu urteilen hätte das fünfte Album des finnischen Sextetts durchaus schon vor zwanzig Jahren erschienen sein können.
Dass SHAPE OF DESPAIR sich gewissermaßen in der Zeit zurückbewegen, ist vielleicht keine besonders spannende Herangehensweise, aber an sich auch nicht zwangsläufig ein Fehler. Bei der Umsetzung lässt die Band allerdings den nichtsdestoweniger unverzichtbaren kreativen Funken und Enthusiasmus vermissen. Gewiss, Natalie Koskinens trübsinniger Gesang, die ausgedehnten Gitarrenleads, schleppenden Drums und schummrigen Keyboards strahlen gemeinsam nach wie vor eine im positiven Sinne einlullende Wirkung aus.
Der Platte fehlen jedoch die großen Momente, die den Vorgänger zu einem so erstaunlichen Erlebnis machten. So vermischen sich die einzelnen Tracks zu einem zwar atmosphärischen, aber nicht gerade einprägsamen Ganzen. Dass Henri Koivula vermehrt seinen an sich stimmungsvollen Klargesang ertönen lässt, nimmt der Musik zudem ebenso viel Durchschlagskraft wie die diesmal von der Band selbst übernommene Produktion. Mit dem massiven, vielschichtigen Klang des letzten Albums kann das wesentlich dünner und verwaschener, beinahe leblos klingende „Return To The Void“ nicht mithalten.
Ein praktisch aus dem Nichts gekommenes und doch hochgelobtes Werk wie „Monotony Fields“ zu übertreffen, ist ein schwieriges Unterfangen und keineswegs selbstverständlich. Dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass SHAPE OF DESPAIR sich mit dem lange ersehnten Nachfolger etwas mehr Mühe geben hätten können. Obwohl „Return To The Void“ mit seinem eher unspektakulären Songwriting, seinem recht schwachen Sound und seinem etwas verschlafenen Gesangsduett eine gewisse Enttäuschung nach sich zieht, ist hier jedoch nicht von einem missglückten Album zu sprechen. SHAPE OF DESPAIR mögen ihren Zenit offenbar überschritten haben, ihre Musik zieht aber immer noch deutlich stärker in ihren Bann als etwa Skepticism oder Funeral auf deren jüngsten Veröffentlichungen.
Wertung: 7.5 / 10