Bloßer Power Metal lockt heutzutage niemanden mehr an die Ladentheke, weshalb das Ganze neuerdings um das schmückende Adjektiv „progressive“ erweitert wird. Geändert hat sich im Grunde nix und das ist auch gut so, denn gute Musik bleibt gute Musik, egal was drauf steht. Das beweisen auch die Briten SHADOWKEEP mit ihrem inzwischen dritten Album „The Hourglass Effect“.
Die sechs Engländer machen auf ihrem neuen Werk Alles richtig, um ein absolut überzeugendes Heavy Metal-Album zu erzeugen. In erster Linie wären da die in jeder Hinsicht umwerfenden gesanglichen Fähigkeiten von Frontmann Richie Wicks, der auch schon der NWOBHM-Legende Tygers Of Pan Tang seine Stimme lieh, zu nennen. Zu vergleichen ist der Fronter am Besten mit einer Mischung aus Bruce Dickinson und Michael Kiske und macht auch in ruhigeren Momenten wie „Six Billion Points Of Light“ eine ziemlich gute Figur.
Des Mannes traditionsreiche Vergangenheit färbte offenbar auch auf seine Mitmusiker ab, denn von modernen Spielereien kann auf „The Hourglass Effect“ keine Rede sein. Soundmäßig kommt die Platte – obgleich natürlich zeitgemäß hochwertig produziert – dem trockenen Klang früher Helloween-Platten nahe und überzeugt mal durch punktgenaues High-Speed-Riffing wie in „Incisor“ und auch durch hymnische und doch harte Passagen wie in „Ten Shades Of Black“ mit astreinem, mitreißendem Schwermetall-Liedgut. Als Nächstes seien die schier beeindruckenden instrumentalen Fähigkeiten des Gitarren-Duos Robson und Allen lobend erwähnt, die in jedem Song ein Feuerwerk aus Soli und Melodien auf Weltklasse-Niveau abbrennen.
Als Beispiel sei hier „As The Hourglass Falls“ angeführt. Und obwohl es sich bei „The Hourglass Effect“ um ein Konzeptalbum mir obskurer Science-Fiction-Story aus der Feder von Herrn Wicks handelt, fällt auch dieser Umstand keineswegs negativ ins Gewicht, denn das Erzählen der Geschichte hatte – anders als bei Iced Earth – offenbar keinen Einfluss auf das Songwriting. Als störend könnten höchstens die handlungsrelevanten Hörspielpassagen zwischen manchen Tracks empfunden werden, da es sich aber immer nur um wenige Sekunden handelt, ist Derartiges weitgehend unerheblich. Wirklich „progressiv“ ist, wie in der Einleitung schon angesprochen, auf diesem Album natürlich Nichts, es sei denn, man möchte die überragenden kompositorischen wie spielerischen Fähigkeiten der beteiligten Musiker unter diesem Begriff einordnen.
SHADOWKEEP haben mit „The Hourglass Effect“ ein wirklich gelungenes Album eingespielt, das ohne Schwierigkeiten mit der Konkurrenz vom europäischen Festland und aus Übersee mithalten kann. Technisch wie musikalisch ist hier alles im grasgrünen Bereich und obendrein noch absolut authentisch. Anspieltipps: Alles.
Wertung: 8.5 / 10