Sepulnation - The Studio Albums Box 2021 Cover

Review Sepultura – Sepulnation (The Studio Albums 1998–2009)

Aufgemerkt, es folgt ein Lifehack: Wann immer du denkst, dein Job sei undankbar und deine Arbeit werde nicht angemessen wertgeschätzt, denk einfach an Derrick Green. Seit 23 Jahren singt der nun für SEPULTURA – doppelt so lang wie sein Vorgänger Max Cavalera. Denndoch gehört Green zu den umstrittensten Sängern im Metal. Und das völlig unverschuldet: Die wenigsten seiner Kritiker zweifeln an seinen Fähigkeiten, fragwürdig ist für viele jedoch nach wie vor die Legitimation der Band als Ganzes, unter diesem Namen, aber ohne die Cavalera-Brüder immer weiter zu machen. Und das Gesicht dieses Weitermachens ist seit 1998 Derrick Green.

Neun Studioalben haben SEPULTURA seit dem Ausstieg von Max Cavalera veröffentlicht, vier davon immerhin noch mit Igor Cavalera, fünf komplett Cavalera-frei. Doch auch der verbliebene Cavalera rettete SEPULTURA nicht davor, nach „Roots“ mit einem massiven Popularitätsverlust kämpfen zu müssen. Und wenn man Andreas Kisser und Paulo Jr. etwas zugutehalten muss, dann, dass sie sich nicht von ihrem Weg haben abbringen lassen, sondern einfach immer weitergemacht haben.

Das Boxset „Sepulnation (The Studio Albums 1998–2009)“ zeichnet diesen von Trotz und Konsequenz geprägten Weg nun nach: Auf fünf CDs beziehungsweise acht Schallplatten bekommt der geneigte Hörer die Alben „Against“, „Nation“, „Roorback“ (incl. „Revolusongs“-EP), „Dankte XXI“ und „A-Lex“. Der Reiz der CD-Edition hält sich zugegebenermaßen in Grenzen: Ganz abgesehen von Diskussionen über das „aussterbende Format“ hat die Box mit fünf Pappschuber-CDs ohne Booklets oder sonstiges Beiwerk einfach zu wenig zu bieten – zumal, wer SEPULTURA nicht nach „Roots“ den Rücken gekehrt hat, zumindest das eine oder andere Album bereits im Regal stehen haben dürfte. Für Vinyl-Fans könnte die Box reizvoller sein: In halber Geschwindigkeit geschnitten, remastert und auf 180g-Vinyl gepresst, bietet die Box erstmalig seit einem Jahrzehnt wieder die Möglichkeit, diese Alben auf Platte zu erwerben. Und vielleicht ist es ja auch tatsächlich Zeit, den frühen Green-Alben mal wieder eine Chance zu geben?

Sepultura Against Cover ArtworkTatsächlich ist etwa „Against“ (1998) unterbewertet: Nach dem Tribal-Trip mit „Roots“ besinnen sich SEPULTURA hier auf ihre thrashigen Wurzeln – der rohe Gesang des aus der Hardcore-Szene von Ohio rekrutierten Green passt dazu perfekt. Aufgelockert durch vier Instrumentals, ein Cover („F.O.E.“) und wieder maßvoll eingesetzte Tribal-Elemente vielleicht kein neues „Beneath The Remains“, aber ein hörenswerteres SEPULTURA-Werk.
Auch das schnörkellose „Nation“ – mit seinem Opener titelgebend für das Boxset – hat mit ein paar Jahren Abstand nochmal eine Chance verdient: Ganz so langweilig wie man es in Erinnerung hatte, ist das Werk nicht; das Coolste an dem Album bleibt aber sein Coverartwork. Immerhin, von da an ging es bekanntermaßen bergauf.
Das groovig-treibende  „Roorback“ mit seinem Mix aus Hardcore und Thrash bewegt sich qualitativ im oberen Mittelfeld der SEPULTURA-Diskografie, ein Schmankerl ist die mit auf den Tonträger gepresste „Revolusongs“-EP mit Coverversionen von Bands wie Hellhammer bis U2.
Sepultura Dante XXI Cover ArtworkSpätestens mit dem vielseitigen und auch seitens der „alten“ Fans wieder wohlwollender aufgenommenen „Dante XXI“ (2006) haben sich SEPULTURA dann bekanntermaßen stilistisch und qualitativ wieder gefangen (mehr dazu im Album-Review).
Dass die Album-Sammlung „Sepulnation“ ausgerechnet mit „A-LEX“ ihren Abschluss findet, ist logisch (nach diesem Album welchselte die Band zu Nuclear Blast Records) wie schade. Die auf hektische Ansammlung gesichtsloser Songs ist nicht das, was einem aus den Jahren 1998–2006 von SEPULTURA im Ohr bleiben sollte (mehr dazu im Album-Review).

Wer den „neuen“ SEPULTURA zunächst keine Chance gegeben hat, über die letzten Alben aber doch zur Band um Derrick Green gefunden hat, kann mit nur einer Box eine bis zu fünf Alben umspannende Lücke schließen. Den größten Mehrwert bietet „Sepulnation (The Studio Albums 1998–2009)“ dabei fraglos für Vinyl-Sammler – nicht zuletzt, weil die CD-Edition leider ziemlich spartanisch ausgefallen ist: Wer im Jahr 2021 noch Menschen dazu verleiten möchte, CDs zu kaufen, sollte schon etwas mehr Liebe in die Verpackung stecken als hier geschehen. Die Zahl derer, die in Zeiten ubiquitär verfügbaren Streamings den unbezwingbaren Drang verspüren, Geld für eine Pappbox mit fünf jahr(zehnte) alten CDs in Pappschubern auszugeben, dürfte überschaubar sein.

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