Review Seelenschnitt – Einblick in die Innenwelten

(Black Metal / Ambient) Samael ist zurück – aber leider nicht in Form der Dark Metaller aus der Schweiz, sondern als das in Undergroundkreisen berühmt-berüchtigte Ein-Mann-Projekt SEELENSCHNITT, welches jüngst mit einer Split mit Stiller`s Tod am Start war. Jetzt macht er es im Alleingang und schießt die eigenwillige Mischung aus Black Metal und Ambient, wenn man es mal über diese zwei Kämme scheren mag, aufs Volk.

Zunächst sorgt der Kollege mit seinem Infoschreiben für Erheiterung. „Innenwelten legt den Grundstein eines Alben-Zyklus, der sich über fünf Werke zu je neun Liedern erstrecken wird.“ Das ist nicht unambitioniert, interessant wird es aber eher aus zwei anderen Aspekten: So befinden sich auf dem vorliegenden Output lediglich fünf Songs, was den großen Plan schon mal ad absurdum führt. Punkt zwei ist die (schlüssige, wie auch etwas alberne) erklärung, denn man beschränkt sich erstmal auf diese Songs, um Zeit und Kraft zu sparen, weil man ja bald ein Label hat und dann eh alles noch mal aufnehmen wird.
Klar, dass dies eine Steilvorlage für einen kräftigen Verriss ist, vor allem, wenn man sich das bunte Treiben von der Split noch mal vor Augen bzw. Ohren führt, wo SEELENSCHNITT aufgrund des wilden Durcheinanders insgesamt schlecht da standen. Immerhin scheint Samael sich einiger Hinweise angenommen zu haben, technisch war er ja nicht wirklich schlecht und jetzt setzt er wenigstens etwas davon auch beim Songwriting um. Um es also gleich vorweg zu sagen, „Einblick in die Innenwelten“ ist um mehrere astronomische Einheiten besser als auf „Die letzten Kinder“. Aufgrund der nicht zu überhörenden Defizite ist man damit zwar weiterhin von „gut“ ein gewaltiges Stück entfernt, aber ein Anfang ist gemacht.

Vor allem die Arrangements haben eine gewisse Kehrtwende genommen, keine minutenlangen Keyboarddudeleien ohne Sinn und Verstand, die sich mit uninspiriertem Rumgebrülle und belanglosen Gitarrensoli abwechseln, sondern stimmige Passagen, die an der einen oder anderen Stelle Hand und Fuß haben. Anerkennung verdient sich Samael in jedem Fall, weil er seinen Stiefel durchzieht. Abgesehen von soundtechnischen Mängeln, die auch eine Demoband – die noch dazu einige der vorliegenden Songs fünfmal (!) aufgenommen hat – besser hinbekommen muss, würde er sicher mit etwas kompakteren Songwriting auch Lieder hinbekommen, die durchaus einige Eingängigkeit aufweisen würden. Aber er bleibt sich treu, die unteren Grenze sind knappe acht Minuten, der Opener „Nexus“ bringt es gar auf fast 13 Minuten. Dabei regiert Atmosphäre, Geschwindigkeit ist Nebensache, Härte irgendwie auch, aber mit fetterem Sound würde man die Gitarren auch schneidend und den Hechel-Krächz-Gesang ausdrucksstark hinbekommen. Ob der Klargesang den aktuellen Ansprüchen genügt, lässt sich hingegen schwer beurteilen, wird er in der Regel doch mit massivem Hall garniert, der nur so eben erahnen lässt, wie sich Samael auf dem Gebiet so schlägt. Das Keyboard nimmt eine dominierende Stellung ein und kann dabei durchaus auch Akzente setzen.

Unter dem Strich verbaut es sich Samael immer noch etwas selber, irgendwie werde ich das Gefühl auch nicht los, dass er, allen Beschwörungen im Info zum Trotz, selber noch nicht so genau weiß, wo es hingehen soll, dabei wäre eine größere Auswahl des Repertoires wünschenswert – vom Format dieses Albums, wohlgemerkt, „Die leeren Kinder“ befinden sich glücklich in meinem persönlichen Giftschrank. Genau wie das mit Selbstdarstellungen nur so überquellende Schreiben, könnte SEELENSCHNITT einfach noch mal etwas musikalischen Ballast über Bord werfen und dazu noch weiter am Sound arbeiten, vermutlich sogar das größte Manko, so brauchen die Songs noch einmal mehr von der heutzutage knappen Zeit des Hörers. Immerhin, ein erfreulicher Fortschritt, der freundlicherweise auf dieses Mal 90 Einheiten (50 x Kassette, 40 x CD) limitiert wurde – der Splitvorgänger musste bei den potentiellen Hörern von zwei Bands mit insgesamt 50 Kopien auskommen. Es sind wieder mal Puristen gefragt!

Wertung: 5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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