Review Schandmaul – So weit – So gut (Best Of 15 Jahre)

Einmal ist immer das erste Mal – und wenn das erste Mal mit 15 passiert, dann ist das in den seltensten Fällen verfrüht. Besonders bei sogenannten „Best Ofs“, die immer im Auge des Betrachters liegen und mit denen manche Bands den Markt zu früh überschwemmen. Die Münchner Folkrocker SCHANDMAUL entschieden sich mit „So weit – so gut“ erst zu ihrem 15-jährigen Bandbestehen für eine erste Veröffentlichung dieser Art – rund ein halbes Jahr, bevor das noch namenlose nächste Studioalbum in den Läden stehen wird. Doch bereits „So weit – so gut“ liefert einen Vorgeschmack auf das, was von den süddeutschen Szeneveteranen zukünftig zu erwarten ist, sowohl im Hinblick auf generalüberholte ältere Nummern wie auch auf Neues. Außerdem könnte die CD als Werkschau für die letzten 15 Jahre Schandmaul stehen.

„Folk’n Roll“ als instrumentaler Einstieg hält, was der Artikel verspricht: Treibende Flötenmelodien und Gitarren, die von kurzen Geigensoli unterbrochen werden. Die Nummer marschiert ganz im Stile schneller SCHANDMAUL-Instrumentalkompositionen mit dem Schalk im Nacken und geht prima ins Ohr. Bei „Orientexpress“ ist der Name ebenfalls Programm: Die ruhige Melodieführung erinnert an einen Soundtrack für klassische Miss-Marple-Filme und lädt demnach weniger zum Feiern als vielmehr zum Verweilen ein. Spetakuläres sucht man an dieser Stelle also vergebens. Einen kleinen Griff ins mittelalterliche Popklo erlaubt sich der folkige Sechser schließlich mit „Herz aus Gold“ – dem einzig neuen Stück mit Text. Zum Träumen zu seicht, zum Feiern zu langsam und vom Text her zu klischeebeladen fällt das Lied besonders im Vergleich zum Rest des Best Ofs durch.

Dieser überzeugt wiederum auf voller Linie: So präsentieren SCHANDMAUL erstmals auf CD ihre Nibelungentrilogie bestehend aus einem abwechslungsreichen Medley mit „Der junge Sigfrid“, „Drachentöter“ und „Krieger“. Dazu gesellt sich „Teufelsweib“ in der live schon länger etablierten Version mit anderer Melodieführung bei Drehleier und Dudelsack, die SCHANDMAUL in der jetzigen Ausrichtung wunderbar zu Gesicht steht. Ihrem „Geisterschiff“ spendierten Thomas und Co. wiederum ein akustisches Intro vom „Kunststück“-Ableger, bevor die zweite Hälfte losrockt. Aus dem akustischen Ableger hat es darüber hinaus „Der Clown“ auf „So weit, so gut“ geschafft und hinterlässt einen überzeugenderen Eindruck als beim damaligen „Kunststück“-Release. Allgemein wirkt es so, als ob Sänger Thomas Lindner am Mikro auf seine älteren Tage noch einmal zu absoluter Topform findet. „Der Clown“ ist das Paradebeispiel dafür, sowohl stimmlich als auch textlich. Selbst die beiden Klassiker „Dein Anblick“ und „Willst du“  als Albenabschluss verblassen im direkten Vergleich. Dass die Musiker auch noch über – im wahrsten Sinne des Wortes – alte Schnapsideen lachen können, beweisen sie mit dem „Trinklied“, welches für Fans wohl der größte Nostalgietrip auf dieser CD sein dürfte. Und einige werden an gleicher Stelle den musikalisch beinahe identischen „Wandersmann“ als Alternative vermissen. Aber das ist bei solchen Veröffentlichungen generell nicht zu vermeiden.

Doch das „Best Of“-Schandmaul trägt seinen Namen zurecht. Viele bekannte Songs der Süddeutschen erstrahlen in einem neuen Gewand und mit „Folk’n Roll“ bietet die Neuveröffentlichung zumindest einen absolut hörenswerten Neuling im Repertoire der Szeneveteranen, die auch nach 15 Jahren zusammen scheinbar nicht müde werden. Sowohl die Band selbst als auch ihre Fans dürften anhand dieses Werk stolz zurückblicken. Mit Recht.

-

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert