Diese Kraft! Diese Energie! Was für ein Gespür für Melodien! Noch heute kann SAVATAGEs „Hall Of The Mountain King“ jeden Freund des eingängigen, harten Metals der 80er Jahre in Ekstase versetzen. Der Longplayer wurde zum großen Durchbruch der Band und zählt neben „Gutter Ballet“ (1989) und „Streets“ (1991) zu den drei Alben, die ihren Sound definiert haben. So richtig erwarten hatte das damals keiner können – war doch der Vorgänger „Fight For The Rock“ zu Recht bei Kritikern wie Fans durchgefallen und gilt noch heute als das schlechteste SAVATAGE-Album.
Zwei Entwicklungen sorgten dafür, dass „Hall Of The Mountain King“ ein anderes Schicksal zuteil wurde: Zum einen widerstand die Band dem Druck des Labels, radiotaugliche Songs zu schreiben, zum anderen traf sie auf dem Abschlusskonzert der „Fight For The Rock“-Tour den Mann, der ihren Sound von nun an entscheidend prägen sollte: Paul O’Neill. O’Neill, zu dieser Zeit einer der Tausendsassas der Musikszene – Produzent, Promoter, Songwriter, Komponist – sprach die Band nach dem Konzert an, und eine Zusammenarbeit begann, die nicht nur SAVATAGE veränderte, sondern ein wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zum Progressive Metal war. Auf „Hall Of The Mountain King“ schrieb O’Neill nicht nur wesentlich an Songs wie „Strange Wings“ oder „The Price You Pay“ mit, sondern war Produzent, Motivator und Mentor in einem.
Ein großer Teil des Albums besteht aber trotz der Kooperation mit dem musicalaffinen O’Neill aus astreinem Heavy Metal. Die meisten Songs funktionieren im Wesentlichen gleich: treibende Rhythmusfraktion, großartiger, hoher Gesang von Jon Oliva, der zwischendurch immer wieder in seine charakteristischen Schreie und fieses Gelächter ausbricht, und wenige, dafür unglaublich präzise Gitarrenriffs. Die Gitarrenarbeit ist vielleicht am bemerkenswertesten: Jeder Ton wirkt geplant, genau durchdacht und auf das Minimum des Nötigen beschränkt. Keine überflüssigen Eskapaden, dafür absolut präziser Einsatz von großartigen Melodien. Man höre nur den Anfang von „Strange Wings“ – kaum Anschläge, aber alles drin. Die meisten Songs bestehen neben den Lead-Parts aus wenigen simplen Riffs, die dafür umso größere Ohrwürmer sind. Criss Oliva brauchte eben nicht mehr, um große Wirkung zu erzielen.
Die Songs, die von diesem Schema abweichen, verwiesen schon auf die Zukunft der Band und ihrer Mitglieder, ganz besonders „Prelude To Madness“, in dem man bereits die Wurzeln des Trans-Siberian Orchestras erkennen kann. Ausfälle kennt dieses Album nicht. Sei es das temporeiche „White Witch“, das ruhig beginnende „Beyond The Doors Of The Dark“ oder das epische „Hall Of The Mountain King“ – das ist klassischer Heavy Metal, wie er sein sollte! 1987 oder heute, ein Album für die Ewigkeit.
Wertung: 10 / 10