Bei SATANICA deutet alles auf Extreme Metal hin: Sie sehen aus wie die japanischen Slipknot, ihr Bandname wäre vermutlich selbst der humorlosesten Black-Metal-Band noch zu stumpf und auch das trashige Artwork nebst Plattentitel „Resurrection Of Devil’s Spirit“ dirigiert die Erwartungen schnell in Richtung räudiges Underground-Gerumpel. Das ist jedoch ein Trugschluss. Die vom bereits seit 1981 in der japanischen Metal-Szene aktiven Ritti Danger vor knapp 20 Jahren gegründeten SATANICA haben sich ganz und gar dem klassischen Metal verschrieben und führen damit eine Tradition fort, die in ihrem Heimatland einst von Größen wie Loudness und Anthem begonnen wurde. Das ist nur zu begrüßen, denn abgesehen von Metalucifer brachten es im Land der aufgehenden Sonne zumindest in dieser Sparte seither nicht mehr allzu viele Bands zu internationaler Beachtung …
Zeit fürs Phrasendreschen: SATANICA gelingt auf „Resurrection Of Devil’s Spirit“ die Quadratur des Kreises. Die Japaner liefern auf ihrem vierten Album nicht ein einziges Riff, eine einzige Gesangslinie oder Gitarrenmelodie ab, die man nicht anderswo auch schon gehört hat. Trotzdem legen die Burschen aus Tochigi hier eines der zwingendsten Underground-Alben des bereits mehr als zur Hälfte vergangenen Jahres vor. Das liegt in erster Linie an der ansteckenden, weil in jeder dieser plagiierten Noten unüberhörbaren Spielfreude, welche das Quartett an den Tag legt. Mag sein, dass die Band wirklich kein einziges Genre-Klischee auslässt, aber sie tut dies mit einer derart charmanten, ja geradezu kindlich-ehrlichen Freude an der Sache – und ganz nebenbei bemerkt mit grundsoliden musikalischen Fähigkeiten – dass man ihr dafür zu keiner Zeit böse sein kann.
Und was hat man hier alles schon gehört? SATANICA bieten auf ihrem neuesten Album einen Querschnitt durch so ziemlich alle Metal-Spielarten, die in den seligen 80ern „in“ waren: Nummern wie das eröffnende „Resurrection“, „Thunderstorm“ oder „Dark Star“ sind dank singender Doppelgitarrenläufe stark von der NWoBHM geprägt, in „Bloodthirsty“ gibt’s kerniges Teutonenstahl-Riffing mit deutlichem Grave-Digger-Stallgeruch und das stampfende „Liar“ bietet uramerikanischen Metal im Stadionformat. Die Truppe hat also offenkundig nicht das geringste Interesse daran, dem Genre irgendetwas Neues hinzuzufügen, sondern begnügt sich damit, die bekannten Elemente in leicht abgewandelter Form neu zusammenzufügen. Innovation bleibt dabei zwangsläufig außen vor; weil SATANICA aber definitiv begriffen haben, was diese Musik im Kern ausmacht, ist das Zuhören dennoch ein Hochgenuss, denn hier gibt es ein Substrat aus allem, was den klassischen Metal groß macht.
Da ihre Landsleute Anthem seit knapp 40 Jahren mit einem ganz ähnlichen Rezept erfolgreich sind, drängt sich der Vergleich geradezu auf – und die Parallelen sind nicht zu leugnen. Passend zur stilistischen Ähnlichkeit klingt auch Sänger Ritti Danger – der übrigens auch Schlagzeug spielt – sehr wie deren Frontmann Yukio Morikawa und passt damit wie die Faust aufs Auge zum Sound von SATANICA. Technisch fallen die Herren zwar etwas hinter der Genre-Prominenz zurück, aber auch das Duo Ozzie Alastor und Shee Lips versteht es, amtlich zu frickeln. In erster Linie punkten SATANICA allerdings mit durchweg stimmigem Songwriting, das sich durch edle Mitsing-Refrains und eine Unzahl an hochkarätigen Riffs auszeichnet, die jedem Metal-Traditionalisten sofort in den Taktfuß fahren dürften.
Das Auftreten von SATANICA passt so ganz und gar nicht zu ihrer Musik: Sowohl die Geisterbahn-Aufmachung ihrer Alben als auch die Karnevalskostümierung der Bandmitglieder selbst decken sich in keinster Weise mit dem kernigen Traditionsstahl, den die Japaner auffahren. Vermutlich bedarf es eines tieferen Verständnisses der japanischen Kultur, um das zu begreifen. Was sich hingegen sofort erschließt, ist das gelungene Material von „Resurrection Of Devil’s Spirit“. Vor dem Hintergrund der unverhohlenen Kopie diverser Vorbilder präsentieren SATANICA neun Songs, welche die Regeln des klassischen Heavy Metal absolut verinnerlicht haben. Das ist zu keiner Zeit etwas Neues, aber es ist so gut, dass es kein Fan traditionellen Metals verpassen sollte.
Wertung: 8 / 10