Dieser Brian Ross ist schon ein ziemlich starker Typ: 1983 singt der Brite mit SATAN in Form von „Court In The Act“ eines der gefeiertesten Alben der New Wave Of British Heavy Metal ein – nur, um die Truppe zu verlassen und das Wunder mit der Blitzkrieg-Scheibe „A Time Of Changes“ noch einmal zu wiederholen. 2013 fanden sich SATAN wieder in Originalbesetzung zusammen und befinden sich seither auf unaufhaltsamem Siegeszug, wie auch ihre neue Platte „Atom By Atom“ zeigt.
SATAN waren ihrer Zeit schon immer ein Stück voraus – das machte sich bereits auf ihrem Jahrhundertwerk „Court In The Act“ bemerkbar und ist auch gute 30 Jahre später noch eines der stilbildenden Merkmale im Sound der Briten: Die Riffs und Arrangements auf „Atom By Atom“ zeichnen sich durch den gleichen Anflug von Progressivität aus, der auch das Debüt der Band aus Newcastle einzigartig machte und so ist diese Platte voll von unerwarteten Wendungen, verschachtelten Riffs und komplexen Arrangements, die der unbedarfte Hörer bei einer Band aus der New Wave Of British Heavy Metal nicht unbedingt erwarten würde.
Das äußert sich etwa im geradezu kindlich-naiven Riff des Titeltracks oder in den vertrackten Gitarrenläufen von „Farewell Evolution“, „The Devil’s Infantry“ oder „In Contempt“. Die Truppe oszilliert dabei gekonnt zwischen hymnisch und komplex, was ihren Sound bis zu einem gewissen Grade unberechenbar macht, aber natürlich auch von anderen Vertretern des Genres abhebt. Das ist einerseits natürlich reichlich spannend, macht das Material auf „Atom By Atom“ aber auch entsprechend sperrig – selten wird das auf „Atom By Atom“ deutlicher als im abschließenden Epos „The Fall Of Persephone“. Das neue SATAN-Album hört man daher kaum mal eben nebenbei, viel eher ist einiges an Zeit und vor allem mehr als ein Durchlauf vonnöten, bis sich diese Platte ihr volles Bouquet entfaltet.
Die Abwechslung ist bei derartigem Songwriting natürlich groß geschrieben und so gelingt es den Engländern auf ihrem neuen Album, jedem Song eine ganz eigene Atmosphäre zu geben, ohne das die Platte dabei ihren roten Faden verlieren würde. Frontmann Brian Ross macht dabei eine ziemlich gute Figur am Mikrofon, wenngleich der Mann nicht unbedingt der variabelste ist, denn er scheint auf „Atom By Atom“ durchweg auf eine Tonart festgelegt zu sein – innerhalb derer macht ihm jedoch kaum jemand etwas vor. In jedem Fall scheint Mr. Ross gut auf seine Stimme aufgepasst zu haben, denn der Gute klingt hier nahezu genauso wie vor 30 Jahren – Respekt! Zudem zeichnen sich SATAN auf ihrem neuesten Silberling durch erdigen, analogen Sound aus. Der hat zwar nicht ganz so viel druck wie eine moderne Studioproduktion, kommt aber dafür ebenso organisch wie authentisch aus den Boxen.
Das Artwork von „Atom By Atom“ erinnert stark an das von „Court In The Act“ und das passt hier auch ganz hervorragend, denn SATAN sind ihrem ursprünglichen Sound in jeder Hinsicht treu geblieben. Diese Jungs aus Newcastle bieten noch immer den intelligentesten Ansatz, den man für den traditionellen NWOBHM-Sound finden kann und verteidigen damit ihren Ruf als unverzichtbarer Geheimtipp. Zwar braucht ein Album wie „Atom By Atom“ etwas Zeit zur Entfaltung, wer sich darauf einlässt wird jedoch auch reich belohnt.
Wertung: 8 / 10