Es gibt CDs, die von den Songs, und solche, die von der durch diese im Kollektiv kreierten Atmosphäre leben – „Gottes Synthesizer“ von SANKT OTTEN gehört definitiv in zweitere Kategorie. Hinter dem eher extravaganten Band-Namen verbirgt sich dabei ein Instrumental-Duo aus Osnabrück, welches sich, wie schon der Albumtitel verrät, gänzlich der synthesizer-kreierten Musik verschrieben hat. Wer hierbei jedoch gleich an Industrial, Techno oder stupiden Elektro denkt, könnte weiter nicht fehlen.
Statt dessen ist das, was SANKT OTTEN auf ihrem mittlerweile fünften Album präsentieren, eine kunstvoll arrangierte, unaufgeregte Melange aus verschiedensten, zumeist synthetisch generierten Sounds: Sequenzer-Lines und elektronische Drums, kunstvoll mit elegant integrierten, analogen Geräuschen sowie sphärischen Gitarrenmelodien zu einem weichen Klangteppich verwoben, laden den geneigten Hörer ein, sich, Aladin gleich, in eine faszinierende, fremde Welt davontragen zu lassen. So haben die mit vergleichsweise skurrilen Namen wie „480 Pixel, die ich an dir liebe“ betitelten Stücke durchaus das Potential, als Entspannungs-, wenn nicht gar Meditationsmusik zu dienen – bieten dabei jedoch ebensogut eine angenehme Geräuschkulisse für nebenbei, wie fordernde Beschäftigung, widmet man sich gänzlich dem Album. So gibt es auf „Gottes Synthesizer“ so viele Details zu entdecken, so viele Passagen, die auch nach mehrmaligem Hören noch eine neue Wirkung entfalten, dass das Werk auch nach unzähligen Durchläufen nicht langweilig wird.
Dass SANKT OTTEN sich dabei zum Ziel gesetzt haben, Krautrock-Elemente mit modernen verschmelzen zu lassen und diese so in einen neuen Kontext zu setzen, indem sie Stilmittel, die an die deutschen Pinoniere der progressiven, elektronischen Musik erinnern, in ihr Schaffen einfließen lassen, zeigt sich nicht zuletzt an Stücken wie „Fast neu ist auch gebraucht“, welches als Hommage an die Krautrock-Vorreiter Neu! zu verstehen ist.
Und so ist es bei so viel Liebe zum Detail auch ganz gewiss kein Zufall, dass diese Band mittlerweile ausgerechnet beim Independent-Label Denovali gelandet ist – ist das komplett gesangsfreie Instrumental-Werk doch zwischen (wenn auch stilistisch gänzlich anders orientierten, dabei jedoch nicht minder atmosphärischen) Alben wie „Anthropomorphic“ der The Mount Fuji Doomjazz Corporation oder „Geisterstadt“ von Omega Massiv wahrlich gut aufgehoben.
Wer an Musik den Anspruch erhebt, einen individuellen Charakter aufzuweisen und den Hörer mit diesem nachhaltig zu begeistern, ist bei Denovali-Releases grundsätzlich selten an der falschen Adresse, wie auch „Gottes Synthesizer“ beweist: Sicherlich, eine gewisse Faszination für synthetische Klänge sollte vorhanden sein, sowie die Bereitschaft, sich auf ausladende Klangkonstrukte einzulassen… sind diese wirklich niedrig angesetzten Mindestanforderungen jedoch erfüllt, bieten SANKT OTTEN dem geneigten Hörer ein kleines Meisterwerk, das dem genialen Artwork des spanischen Künstlers Salustiano mehr als gerecht wird. Für Fans von Bohren & Der Club Of Gore, The Kilimanjaro Darkjazz Ensemble, Omega Massiv und Konsorten nur wärmstens zu empfehlen.
Wertung: 9 / 10