Die Band SALEM – und damit ist nicht die namensgleiche Extreme-Metal-Band aus Israel gemeint – dürfte wohl nur wirklichen Kennern der NWoBHM-Szene bekannt sein oder älteren Semestern unter uns, die in den frühen 80er-Jahren die Veröffentlichung der einzelnen Demos von SALEM noch miterlebt haben. Denn auf mehr lief die Karriere von SALEM nicht hinaus, neben einer Single und drei Demos war bis 1983 nicht mehr zu reißen und es dauerte schließlich schlappe 27 Jahre bis mit „In The Beginning …“ ein neues Lebenszeichen der Band erschien. Und heuer liegt mit „Forgotten Dreams“ also das neue Studioalbum der Band auf dem Schreibtisch und beweist, dass zumindest ein Traum nicht vergessen wurde …
Wie klingt die Scheibe einer Band, die bald drei Dekaden verstummt war? Verstaubt? Anbiedernd? Verkrampft? Das alles wäre ohne Weiteres möglich gewesen, aber SALEM gelingt das kleine Kunststück, um all diese Klippen mit Bravour herumzuschiffen. Statt einem Exempel der Altersschwäche wurde „Forgotten Dreams“ eine absolut würdige und musikalisch gelungene Anknüpfung an lang vergangene Tage. Zu ergänzen wäre vielleicht noch: eine gelungene, nahtlose Anknüpfung, denn „Forgotten Dreams“ hätte in seiner ganzen Aura auch schon vor 30 Jahren das Licht der Welt erblicken können. Der Sound der Platte ist stolz auf seinen unzeitgemäßen Klang, auf die etablierte Wärme und das leichte Kratzen der Gitarren, stolz also auf ein Rezept, das seit Jahrzehnten überzeugt hat und noch überzeugt. Kurz: Für SALEM hat die New Wave of British Heavy Metal nie etwas an ihrer Neuartigkeit verloren.
Nahezu alle der 12 Stück der Scheibe können mit Leichtigkeit überzeugen, begonnen mit dem lässigen Opener und Titelstück, das die Kompositionsprinzipien aller folgender Songs vorlegt; kerniges, grooviges Riffing, eingängige Melodien, fesselnde Refrains und ein zuweilen kauziger, leicht näselnder Sänger, der hin und wieder an Biff von Saxon erinnert und mir rundweg gefällt. Zudem leugnen die Songs nicht ihre Wurzeln, die der Hörer leicht bis in den frühen Rock und Blues zurückverfolgen kann und die ihren Teil dazu beitragen, dass „Forgotten Dreams“ etwas Grundehrliches ausstrahlt. Und mit dieser Basis im Rücken feuert die Band eine Salve nach der anderen auf die Hörerschaft ab; egal ob es sich dabei um das melodiöse „High Stakes“, um die balladesken Stücke „This Heart Is Mine“ und „The Best Is Yet To Come“, die super eingängigen Rocker „The Answer“ und „X-Rated“ oder das schleppende, bedrohliche „Aftershock“ handelt, SALEM machen über weite Strecken des Albums alles richtig.
Es ist allzu offenkundig, als das man darauf noch einmal hinweisen müsste, aber sei’s drum: Natürlich ist Innovation nicht das erste Wort, das einem beim Hören von „Forgotten Dreams“ einfällt. Die CD hat viel eher den Charme einer leicht verrauchten Eckkneipe, wo man sich ungemein wohl und heimisch fühlt. Das Hektische und Unverständliche der Welt lässt man draußen vor der Tür und genießt diese gut einstündige Zeitreise. Wer nach klassischem Heavy Metal der ersten Stunde sucht, sollte SALEM auf alle Fälle ausprobieren. In der Verfassung, in der sich die Band zeigt, kann man ihre Rückkehr nur als Gewinn bezeichnen.
Wertung: 8 / 10