Die Band SAINTSBLEED wurde 1998 von Sasch Menschl und Twain Friedrich gegründet. Es wurden viele Konzerte gespielt und 2003 erschien die Demo „Twisted Truth“. 2004 trennte sich Menschl dann von der ganzen Truppe, da die Interessen nicht mehr übereinstimmten. Er begann schließlich praktisch im Alleingang das gesamte Album „The Might Monster“ zu schreiben und einzuspielen. Twain Friedrich spielte auf der Scheibe zwei Solos und einige Freunde übernahmen zusätzliche Vocals, bzw. Hintergrundgesang. Ansonsten haben wir hier tatsächlich fast ein Ein-Mann-Werk vor uns. Im klassischen Heavy Metal eher ungewöhnlich. Für die Veröffentlichung zeichnet ebenfalls Sasch Menschl mit seinem Label Mighty Monster Records verantwortlich.
Das Artwork und der Schriftzug verraten schon, dass SAINTSBLEED in ihrem Album „The Mighty Monster“ auch auf die guten 80er zurückgreifen. Allerdings nicht nur. Viel mehr werden Elemente der NWoBHM mit der Neuzeit kombiniert. Der Sound ist jedenfalls modern und die Songsstrukturen vielschichtig. Auch die vier Songs der 2003er-Demo wurden mit in das Album integriert.
Der Einstieg in die Scheibe könnte kaum besser sein. Mit einem kräftig entgegengeshouteten Songtitel und knackigem Riff startet „Mighty Monster“ genauso wuchtig, wie sich seine durchgehende Marschrichtung darstellt – als kraftvoller Stampfer mit schön herausgearbeitetem Höhepunkt. Das ist genau die Art Song, die einem so schnell nicht wieder aus dem Kopf geht und der noch nach dem Schlafengehen im Gehirn rumspukt. Und solch eine Nummer muss man auch erst einmal komponieren. Meine Hochachtung schon mal für den Opener.
Doch die Klasse wird beibehalten. „Till We Fly“ scheint mir etwas NWoBHM-beeinflusst. Einige Ähnlichkeiten – auch im Gitarrenspiel – mache ich zu Songs von Saxon aus. Aber auch dieses Stück ist gut konstruiert. Nicht ganz so prägnant, aber dennoch solide ist das verhaltene, fast doomige „Human Virus“, das sicherlich mehrere Runden braucht, um sich so ganz zu erschließen. Ganz im Gegensatz zu „The Path Of The Warrior“, das einen Melodic-Power-Metal-Aufbau á la Helloween mit trueen Lyrics verbindet, und sich wieder flott im Gehörgang breit macht.
Kompositorisch mehr in die Tiefe geht „Inhabitants From Earth“. Mit düsterer Atmosphäre und symphonischen Untermalungen zielt der Song mehr in die Dark Metal-Schublade. Doch Menschl meistern auch Ausflüge in derartige Genres. Dass es an Abwechslung wahrlich nicht fehlt, zeigen auch die beiden folgenden Stücke. „Bleed Attack“ ist eine Up-Tempo-Nummer mit thrashigen Anleihen, aber wieder gut erarbeitetem Höhepunkt. Das songwriterische Meisterstück dürfte jedoch „Atlantis“ sein. Gekleidet in ein episches Gewand mit wechselnden Intensitäten und Tempi, kann der Song über seine gesamte Lauflänge von mehr als acht Minuten überzeugen und den Hörer mit immer wieder neuen Finessen überraschen. Dennoch kann man dem roten Faden der Hookline jederzeit folgen. Zum Teil erinnert mich der Track an sehr epische Manowar-Stücke, ohne jedoch auf deren übertriebenen Krieger-Schlachten-Klischees herumzureiten. Und auch hier thront der Höhepunkt wieder schön über der Komposition.
Die folgenden drei Tracks punkten bei mir persönlich nicht so. „Saber Rider And The Star Sheriffs“ verarbeitet das Thema der gleichnamigen Zeichentrickserie auf metallische Weise. Nett gemacht, aber nur für Fans, würde ich sagen. „Twisted Truth“, der Titeltrack der 2003er-Demo, ist richtig wuchtig, kann aber keine neuen Akzente setzen. Lediglich das Solo wird das Herz manches Gitarrenvirtuosen höher schlagen lassen. In „Anytime“ hat man sich gerade so schön reingehört, da ist der Segen nach 2½ Minuten schon wieder vorbei und hinterlässt einen nicht richtig ausgereizten Eindruck. Schade eigentlich.
Zum Ende hin geht’s auch schon wieder deutlich aufwärts. „Rise Of The Psycho“ beginnt mit fetten Orgeltönen und mystischen Chorälen sehr interessant, entwickelt sich aber letztendlich zu einem Stampfer in Judas-Priest-Manier. Mit dem stark ausgearbeiteten Höhepunkt, dem klug arrangierten Refrainausklang und dem Solo können SAINTSBLEED aber noch mal gut punkten. Auch „Revelation 3:12“ mit seinen schnellen Wechseln aus besinnlicheren und druckvollen Klängen sorgt für weitere Abwechslung und macht sich als Rausschmeißer wirklich gut.
Auch wenn ich an drei Tracks leicht gemäkelt habe, bewegen sich diese noch immer im guten Durchschnitt. Das Gros auf „The Mighty Monster“ ist jedoch erstklassige und richtig vielfältige Metal-Ware. Sowohl von der technischen Seite, wie auch vom variablen Songwriting gibt es nichts zu meckern. Der Sound ist rauh und kraftvoll und passt zur Mucke. SAINTSBLEED protzen mit Professionalität und einem Riecher für gut erarbeitete Kompositionen. Fast-Einzelkämpfer Sasch Menschl liefert in meinen Augen eine unglaubliche Leistung ab. Er schüttelt auf einem Album zum Teil Kompositionen aus dem Ärmel, die anderen in der ganzen Karriere nicht einfallen. Er beherrscht alle Instrumente und hebt sich sogar als Sänger von der Masse ab. Die Rauhheit seines Organs erinnert mich an Chris Boltendahl von Grave Digger, nur dass der Stimmklang tiefer ist. Und auch an Variablität fehlt es ihm nicht, wie man in ruhigeren Abschnitten feststellt.
„The Mighty Monster“ ist ein gutes und Abwechslungsreiches Album, dass nicht nur einen gewissen Old-School-Touch mit der Moderne verbindet, sondern auch noch recht viele Spielarten anschneidet und diese auch gekonnt miteinander vereint. SAINTSBLEED haben es verdient, deutlich mehr in das Rampenlicht zu treten. Sasch hat inzwischen auch wieder ein neues Line-Up um sich versammelt, um Konzerte spielen zu können. Hier könnte durchaus ein großes Label anbeißen, denn an Qualität mangelt es wahrlich nicht.
Wer kraftvollen, unverfälschten und vielfältigen Heavy Metal mag, sollte sich unbedingt die Hörproben auf der Bandwebsite reinziehen. Oder noch besser gleich das Album ordern. In dem Fall muss auch ich den Ausspruch „Support the Underground“ mal kräftigst bestätigen. So, und jetzt höre ich mir das Teil nochmal an, damit ich den Refrain von „Mighty Monster“ gar nicht mehr aus dem Kopf kriege.
Wertung: 8.5 / 10