„Terra Incognita: Beyond The Horizon“ ist ein Konzeptalbum, das einen Teil des Fantasy-Romans „Terra Incognita: The Edge Of The World“ vom amerikanischen Autor Kevin J. Anderson in progressiv-bombastische Soundlandschaften umsetzt. Anderson ist bekannt durch seine Star Wars- und Akte X-Bücher. Unter dem Banner ROSWELL SIX hat Erik Norlander (Rocket Scientists), der sich für die Musik verantwortlich zeichnet, für dieses Projekt eine ganze Menge hochkarätiger Musiker aus dem Progressive Rock-Dunstkreis um sich gescharrt.
Als Sänger sind James LaBrie (Dream Theater), Michael Sadler (ex-Saga), John Payne (ex-Asia) und Norlanders Ehefrau Lana Lane dabei. Die Instrumentalfraktion ist mit Gary Wehrkamp von Shadow Gallery, Chris Quirarte von Redemption sowie Kurt Barabas von Under The Sun ebenfalls gut aufgestellt. Die Keyboards übernimmt Norlander selbst. Dazu gesellen sich die beiden Spezialgäste Martin Orfold von IQ an der Flöte und David Ragsdale von Kansas an der Violine. Nach diesem Namedropping ist die Sache klar, das muss doch eine geniale Scheibe sein! Dementsprechend hat Progrock Records, das Label hinter dieser Veröffentlichung, auch kräftig die Werbetrommel gerührt.
Leider genügt das Ergebnis aber nicht wirklich den Ansprüchen des anspruchsvollen Prog-Publikums. Geboten wird nämlich ein relativ handelsüblicher, unendlich pompös-aufgeblasener Mix aus melodischem Metal, Neoprog und 80er Hardrock, aufgewertet durch einige tolle Einsprengsel von Geige, Flöte und Cello. Das Songwriting ist schwach, die Melodien oftmals unausgegoren oder platt und die Texte von Kevin J. Anderson und seiner Frau Rebecca Moesta sind jenseits von Gut und Böse, voller kitschiger Platitüden und Redewendungen. Die Keyboardsounds entstammen mehr als einmal „Final Countdown“. Je nachdem, wie ihr dazu steht, können sie also entweder unendlich nerven oder euch ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Die Sängerriege selbst gibt ein ebenso unerwartet schlechtes Bild ab: James LaBrie ist hier mit seiner vielleicht miesesten Performance seit Jahren vertreten (man höre dazu „I Am The Point“), John Payne singt sehr gepresst und wirkt nicht so entspannt wie einst bei Asia, Lana Lane ist leider keine Anneke von Giersbergen und selbst Michael Sadler, der eindeutig der beste Vocalist auf „Tera Incognita“ ist, hat schon bessere Gastauftritte abgeliefert. Tja, Russell Allen hatte wohl keine Zeit. Schade drum.
Musikalisch vergleichen lässt sich dieses Album vielleicht entfernt mit den wesentlich vielseitigeren und überzeugenderen Rockopern von Ayreon, Star One oder dem ähnlich schmalzigen Projekt Amaran’s Plight und ihrem Album „Voice In The Light“. Mit dem teilt sich ROSWELL SIX immerhin drei Mitstreiter – Michael Sadler, Kurt Barabas und insbesondere Gary Wehrkamp.
Außer viel Schall und Rauch und dem einen oder anderen netten Instrumentalteil bleibt letztendlich nichts über. Wer gerne flache Geschichten über Glaubenskriege, abenteuerlustige Seefahrer, Meeresungeheuer und eine unheimlich kitschige Liebe mag, sollte diesem klebrig-pathetischen Metal-Folk-Musical-Konglomerat vielleicht noch eine Chance geben. Gleich der Opener „Ishalem“ führt euch mitten ins Geschehen und vermittelt einen guten Eindruck des Albums.
Insgesamt ist „Terra Incognita: Beyond The Horizon“ handwerklich in Ordnung und im typischen Erik Norlander-Sound gehalten, der leider schon einmal überzeugender war. Für kurze Zeit ist die Scheibe unterhaltsam und spaßig, danach nur noch langweilig und nervig. Am besten ist das instrumentale Endstück „The Edge Of The World“, das einige gute Parts (und die „Final Countdown-Keyboards!) der vergangenen 60 Minuten noch einmal Revue passieren lässt.
Wertung: 5 / 10