Der ursprünglich aus Irland stammende Rocksänger ROBIN MCAULEY kann auf einen beeindruckenden Werdegang zurückblicken: Neben der legendären Michael Schenker Group (damals gar als McAuley Schenker Group bekannt) stand der Mann auch etablierten Acts wie Survivor oder Grand Prix vor. Seine 1999 begonnene Solokarriere trieb der Sänger lange Zeit nur bedingt voran, seit 2021 tut sich jedoch auch dort wieder etwas: Vor zwei Jahren veröffentlichte ROBIN MCAULEY mit „Standing On The Edge“ gute zwei Jahrzehnte nach seiner letzten Platte ein neues Soloalbum. Das kam offenbar ziemlich gut an, denn mit „Alive“ reicht der Fronter nun einen weiteren Langspieler nach.
Irgendetwas muss in der Promotion des neuen ROBIN-MCAULEY-Albums gehörig schiefgelaufen sein, denn mit dem Titeltrack sowie „Feel Like Hell“ wurden im Vorfeld die beiden schwächsten Songs ausgekoppelt. Die beiden Nummern erweisen sich zwar als moderne und druckvolle Melodic-Metal-Songs, sind aber auch absolut gesichtslos und könnten von jeder Frontiers-Band stammen. Obendrein passen sie stilistisch so gar nicht zur großartigen Stimme des Frontmanns und lassen ihr viel zu wenig Raum, weshalb die beiden Songs ein denkbar schlechtes Bild von „Alive“ zeichnen. Wie sich im weiteren Verlauf der Platte zeigen soll, sind derlei kompositorische Fehltritte hier aber keineswegs die Norm.
Die Mehrheit der Tracks auf „Alive“ besteht glücklicherweise aus ebenso kraftvollen wie traditionsbewussten Heavy-Metal-Songs, die perfekt zum Stil eines Sängers wie ROBIN MCAULEY passen. Titel wie „Dead As A Bone“, „Bless Me Father“ oder „When The Time Has Come“ erinnern genau wie viele der Songs auf „Standing on The Edge“ in Riffs und Leadgitarren stark an alte Dokken-Alben. Das passt natürlich weitaus besser zur Stimme des Frontmanns, die gut und gerne als Quintessenz des melodischen Metal-Gesangs der 80er betrachtet werden kann. Verglichen mit dem Vorgänger fallen auch die traditionelleren Songs auf „Alive“ etwas härter aus, was in jeder Hinsicht zu begrüßen ist, schließlich fehlte es der vorigen Soloplatte von ROBIN MCAULEY etwas an Durchschlagskraft.
Dass Mr. McAuley ein hervorragender Sänger ist, muss er nicht mehr beweisen und auch auf „Alive“ verdient seine Leistung wieder allen Respekt. Selbst mit inzwischen 70 (!) zeigt der Mann keinerlei Ermüdungserscheinungen und ist nach wie vor einer der besten Sänger im Hard Rock und melodischen Metal – das ist auf diesem Album selten besser zu hören als in der Power-Ballade „Can’t Go On“, aber auch ansonsten macht der gebürtige Ire hier eine extrem gut Figur. Auch die übrige Band – obschon zusammengesetzt aus allerhand bekannten Frontiers-Söldnern – liefert eine starke Leistung ab, wobei insbesondere die edlen Riffs von der fetten Produktion profitieren.
In exakt der gleichen Besetzung wie sein Vorgänger eingespielt unterscheidet sich „Alive“ doch deutlich von „Standing On The Edge“: Von zwei wirklich schwachen 08/15-Songs abgesehen fällt das Material hier deutlich stärker aus und überzeugt neben tollem Gesang mit edelsten Riffs und starken Soli. ROBIN MCAULEY ist mittlerweile ein ähnlich hohes Semester wie z. B. Judas-Priest-Frontmann Rob Halford und während der Metalgod sicherlich in Würde altert, erkennt man bei Mr. McAuley weitaus weniger stimmliche Beeinträchtigung. „Alive“ richtet sich eindeutig an Fans des melodischen Metal der US-Westküste und die kommen hier voll auf ihre Kosten – nicht nur, aber vor allem dank des starken Gesangs.
Wertung: 8 / 10