Rivers Of Nihil "The Work"

Review Rivers Of Nihil – The Work

Acht Jahre nachdem mit „The Conscious Seed Of Light” die Reise durch die Jahreszeiten begann, beschließen RIVERS OF NIHIL ihr vier Alben umfassendes Konzept mit dem Winter und ihrer neuesten Platte „The Work“. Ein wahrer Blickfang ist hierbei schon das eisige Cover, das in seiner Gestaltung eine Hommage an das Erstlingswerk darstellt, und somit auch bezüglich des Artworks der Kreis geschlossen wird. Und wie das Jahr kontinuierlich fortschreitet, so wandelte sich auch der Sound der Amerikaner mit jeder Veröffentlichung. Bereits mit dem von vielen hochgelobten „Where Owls Know My Name“ streiften sie den Mantel des Technical Death Metals ab und gingen vermehrt auf progressiven Wegen. Ein Pfad, den RIVERS OF NIHIL mit „The Work“ nun noch konsequenter beschreiten.

Wer auf dem Vorgänger bereits großen Gefallen an der experimentellen Seite des Quintetts gefunden hat, darf also äußerst gespannt auf die neuen elf Tracks blicken. Schnell fällt auf, dass RIVERS OF NIHIL dem auf „Where Owls Know My Name“ noch dezent eingesetzten Klargesang auf ihrem neuesten Album eine substanzielle Rolle verpassen. So nimmt die Band den Hörer mit „The Tower (Theme From „The Work“)“ auf äußerst sanftem Wege mit auf eine Reise, die voller Überraschungen steckt. Keyboard- und Saxofon-Klänge, gepaart mit der warmen Stimme von Bassist Adam Biggs, wiegen einen zu Beginn in wohliger Sicherheit. Ein Track wie gemacht für einen gemütlichen Abend vor dem Kamin – wäre da nicht der Bruch inmitten des Songs, als verzerrte Gitarren eine dystopische Stimmung erzeugen und Schreihals Jake Dieffenbachs markerschütternde Growls einen die eisige Kälte des Winters spüren lassen.

Diese Gegensätze bilden das Grundgerüst des vierten Full-Lengths der Mannen aus Pennsylvania. Glücklicherweise gelingt es der Band dabei, die sich stetig wandelnden Stimmungen gekonnt ineinander zu verweben, sodass „The Work“ kein Stück-, sondern ein in sich griffiges Gesamtwerk ergibt. Dass mit „Dreaming Black Clockwork“ und „Wait“ die gegensätzlichsten Songs der Platte direkt aufeinander folgen, ist dabei so überraschend wie nachvollziehbar: Auf den zerstörerischen Death-Metal-Brecher, der wie ein musikgewordener Blizzard durch die Boxen dröhnt, folgt astreiner Prog-Rock – ein Soundtrack, um durch die im Anschluss an den Sturm schneebedeckten Landschaften zu streifen und sich an der Schönheit der Natur zu ergötzen.

In dieses gekonnt umgesetzte Spiel mit den Stimmungen der kalten Jahreszeit arbeiten RIVERS OF NIHIL stets weitere, liebevoll ausgearbeitete Details ein, die das Soundspektrum erweitern und immer wieder neu aufhorchen lassen. So wagen sich die Mannen mit Spoken-Word-Passagen gar in Nu-Metal-Gefilde vor („Focus“), sorgen mit dissonanten Synths in einem recht simpel gehaltenen Song für Chaos („MORE?“)  und lassen ihren Freund Zach Strouse abermals am Saxofon glänzen: Dieser tritt mal per Solo in den Vordergrund („The Void From Which No Sound Escapes“), sorgt jedoch meist in Kombination mit diversen Field Recordings im Hintergrund für eine behagliche Atmosphäre und Tiefe („Episode“).

Besonders hervorzuheben ist auch die bereits vorab ausgekoppelte Single „Clean“: Mit summendem „mmh-mmh-mmh“ erzeugen RIVERS OF NIHIL eine Stimmung, als würde man sich auf eine mühselige Wanderung über schneebedeckte Gipfel begeben. Die Tonlage des Summens wird dabei eins zu eins vom Bass aufgegriffen und dient als steter Aufhänger des Songs, der mit einem wabernden Keyboard- und Gitarrensolo garniert wird.

Neben aller Detailverliebtheit ist jedoch auch das Offensichtliche zu loben: RIVERS OF NIHIL gelingt es durchweg, kantige Riffs und dynamische Rhythmik mit eingängigen Gesangsparts zu verweben, bei denen sich Dieffenbach und Biggs in Nichts nachstehen. Während Biggs stets für die sanften und nachdenklichen Momente zuständig ist, gelingt es Dieffenbach mit seinen gutturalen Vocals, sowohl hymnische Parts („The Void From Which No Sound Escapes“) als auch vor Wut überschäumende Momente („MORE?“) zu kreieren.

Kritisieren kann man an „The Work“ letztlich nur sehr wenig. Die Vielschichtigkeit der Platte wirkt in keinem Moment überladen. Die vor Ideen strotzenden Musiker kombinieren die verschiedensten Elemente in stets nachvollziehbarer Art und Weise, wobei jedes Instrument und Geräusch gut herauszuhören ist. Darüber hinaus ergänzen die vermehrt in den Vordergrund gerückten Clean-Vocals die noch immer in der Mehrzahl vorhandenen Growls exzellent. Einzig ist zu bemängeln, dass die überwiegend akustische Ballade „Maybe One Day“ etwas zu lang geraten ist – doch sobald mit „Terrestria IV: Work“ der den Konzeptzyklus abschließende Track einsetzt, sind auch diese Gedanken verworfen. Denn zum Ende bieten RIVERS OF NIHIL nochmal alle todesmetallischen Geschütze auf, konterkarieren diese mit progressiven und avantgardistischen Wendungen und vollenden den meteoroligischen Zyklus auch klanglich mit Vogelgezwitscher – der unberechenbare Winter ist überstanden und der Frühling lockt wieder vor die Tür.

Was RIVERS OF NIHIL auf ihrem vierten Album „The Work“ bieten, ist nichts anderes als ihre bisherige Bestleistung. Wer die, im Nachhinein betrachtet, noch vorsichtigen Schritte in Richtung Progressivität von „Where Owls Know My Name“ bereits guthieß, der wird von „The Work“ hellauf begeistert sein. So ist der neueste Output der Amerikaner nicht nur ein hervorragendes Album, sondern ein wahrhaftiges Erlebnis, das bis zum Ende der kalten Jahreszeit (und sehr wahrscheinlich auch darüber hinaus) ein treuer Begleiter sein dürfte und in vielen Jahresrückblicken zu finden sein wird.

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Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Silas Dietrich

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