Ach, manchmal ahnt man es ja schon beim Anblick des Covers: Wenn ich ein unglaublich grobkörniges Bild eines Skelettritters (?) auf einem dämonischen Pferd, das über einen Schädelhaufen reitet, betrachte, und das alles wirkt, als hätte man famose 256 Farben in das Titelbild investiert, sinkt meine Erwartungen an die Musik. Alles andere als verbessert wird dies, wenn man das Booklet von RITUAL STEELs „Immortal“ umschlägt und auf der Rückseite ein unglaublich billig gezeichnetes Raumschiff das Augenkrebsprogramm komplettiert. Mit eher sparsamen Erwartungen legte ich also die Scheibe in das Laufwerk – und leider bestätigten sich meine Befürchtungen: Es folgte eine 71-minütige Reise in untere musikalische Regionen.
Freilich hätte man misstrauisch werden können: Von zwölf Sätzen über RITUAL STEEL im Promoschrieb enden immerhin fünf mit Ausrufezeichen. Was die Marketing-Agentur mit dieser typografisch realisierten Lautstärke zu übertönen versucht, verdient allerdings eher Fragezeichen. Wo fängt man bloß an? Am besten bei der Produktion von „Immortal“ – beziehungsweise dem totalen Mangel an einer solchen. Am schlimmsten traf es das Schlagzeug: Es klingt abwechselnd wie heruntergefallene Töpfe in der Küche, Trommeln mit Fingern auf einem Aluminiumtisch oder wie hysterisches Dauerklicken mit einem Kugelschreiber. Leider sind auch die Rhythmusgitarren-Spuren zu völligem Brei geraten. Immerhin ist der im Stil des US-Metal gehaltene Gesang einigermaßen klar abgenommen, wenn er auch wenig druckvoll rüberkommt. Ähnliches gilt für die Leadparts der Gitarren: Sie sind gar nicht immer schlecht. Wenn aber insgesamt nicht einmal Lautstärke die Produktion rettet, ist alles verloren. Sobald man am Regler dreht, legt sich über alles ein dezentes Rauschen. Schade drum. Wer sich selbst überzeugen will: Einiges von dem Leid gibt es komprimiert in der ersten Minute von „Dr. West“.
Andererseits ist das vielleicht gar nicht so schlimm. Denn kompositorisch haben sich RITUAL STEEL auf „Immortal“ ebenfalls ordentlich verrannt. Manche Songs versuchen wenigstens, möglichst straight für Kopfbewegung zu sorgen. Das sind in aller Regel noch die besseren: Aus „Judgement Day“ hätte vielleicht etwas werden können, mit einem anderen Start auch aus „Fire“. „Metal Sanctuary“ ist vielleicht der ehrlichste Song des Albums, weil er die Gitarrenarbeit auf ein Minimum reduziert und auf einen klaren Refrain setzt. In diesen wenigen Momenten könnten RITUAL STEEL wenigstens Mittelmaß bieten, wenn die Produktion besser, der Gesang ambitionierter und die instrumentale Arbeit zielstrebiger wäre. Leider wird der Höreindruck von „Immortal“ aber dominiert von komplizierten Arrangements und Kompositionen, die gerne die sieben Minuten knacken: „Satisfy Your Dreams“, „Aggressor“ und vor allem das fast 24 Minuten lange „Welcome To The Metal Dead“ sind einfach zu lang, zu planlos komponiert und ohne jeden Spannungsbogen eingespielt – genau so geht es eben gerade nicht. Die Tracks waren sicher mal episch gedacht und sollten den Hörer in ihren Bann ziehen. Leider ist das einzige, was ausgelöst wird, Irritation. Zu lang, zu wirr, zu lahm.
Das Traurige ist, dass sogar ich, der durchaus ein Herz für den (US) Heavy Metal der alten Schule hat und ihn viel hört, hier nur den Kopf schütteln kann. Besonders auf kompositorischer Seite und an der Technik müssen RITUAL STEEL so dringend nachbessern, dass es mir schwerfällt, „Immortal“ irgendjemandem zu empfehlen.
Wertung: 3 / 10