Die um Sänger Mark Boals (u. a. ehemals Yngwie Malmsteen) versammelten RING OF FIRE gehörten zu den ersten Bands im Katalog von Frontiers Music – lange bevor die süditalienische Plattenfirma zum unermüdlichen „Supergroup“-Fließband avancierte. Damals waren RING OF FIRE noch eine richtige Band mit einigermaßen stabiler Besetzung, die nicht zuletzt Gitarrenlegende Tony MacAlpine umfasste. Diese Zeiten sind inzwischen passé, denn abgesehen von Keyboarder Vitalij Kuprij und dem legendären Sänger hat jedes bisher mit der Gruppe assoziierte Mitglied das Weite gesucht. Ersatz wurde wie so oft aus dem umfassenden Musikerfundus des italienischen Labels geliefert, weshalb mit Gitarrist Aldo Lonobile (u. a. Secret Sphere, Edge Of Forever) nun einer der prominentesten Frontiers-Söldner auf dem neuen Album „Gravity“ zu hören ist. Konnten sich RING OF FIRE ihre Identität dennoch erhalten?
Die Antwort muss lauten: Ja und nein. Da mit den Herren Boals und Kuprij die beiden langjährigsten Macher von RING OF FIRE nach wie vor involviert sind und der harte Kern der Band damit fortbesteht, bleibt die generelle Ausrichtung der Truppe auch auf „Gravity“ erhalten. Auch mit Herrn Lonobile an der Gitarre kombiniert die Truppe nach wie vor wuchtige Riffs mit theatralischen Keyboards, was dank dezent neo-klasischem Anstrich nicht selten wie Yngwie Malmsteen auf Steroiden klingt. Das ist prinzipiell ein ziemlich ansprechender Mix und auch die neue Mannschaft weiß ihn technisch brillant umzusetzen.
Dabei fällt auf, dass RING OF FIRE auf „Gravity“ mehr noch als in der Vergangenheit im erhabenen Midtempo-Bereich unterwegs sind. Rasantere Nummern wie das knackige „Melacholia“ sind auf dieser Platte eher die Ausnahme, stattdessen gibt es vornehmlich groß angelegte Songs wie den fast achtminütigen Opener „The Beginning“, „Storm Of The Pawns“ oder „21st Century Fate Unknown“ zu hören. Im besten Fall wie etwa dem Titeltrack baut das dichte Atmosphäre auf, oftmals wirken die vertrackten, progressiv angehauchten Songstrukturen aber auch etwas richtungslos. Mit Songlängen jenseits der sechs Minuten überdehnen viele der Nummern ihre Spannungsbögen und sind schlicht zu lang.
Technisch sind RING OF FIRE natürlich nach wie vor keinerlei Vorhaltungen zu machen. Auch Aldo Lonobile ist ein hervorragender Gitarrist, der hier mit anspruchsvoller Leadgitarrenarbeit punktet und das Talent von Frontmann Mark Boals steht ohnehin außer Frage – besonders gut kommt seine Stimme in einer Ballade wie „Sky Blue“ zur Geltung. Die Produktion von „Gravity“ überzeugt hingegen weniger: Zwar fett und modern abgemischt leidet die Platte an reichlich sterilem und „pappigem“ Sound mit dumpfen Gitarren. Auch die vertrackten Keyboard-Arrangements klingen oft billig und wollen dank eigenwilliger Sounds nicht immer überzeugen – da klangen RING OF FIRE in der Vergangenheit schon um einiges besser.
Mit „Gravity“ sind RING OF FIRE zwischen zwei Welten gefangen: Einerseits zieht die Band ihre Kraft nach wie vor aus der Zusammenarbeit von Mark Boals und Vitalij Kuprij, andererseits ist der Einfluss des großen Gleichmachers Frontiers Music hier deutlich spürbar. Trotz seiner nicht zu leugnenden Fähigkeiten kann Gitarrist Lonobile die Magie der Alben mit Tony MacAlpine zu keiner Zeit reproduzieren und dank einer ganzen Reihe an externen Songwritern hat das Material im Vergleich zu früheren Werken auch einen Teil seiner Individualität eingebüßt. Dank der erwähnten Stärken sind RING OF FIRE noch immer authentischer als die ebenfalls um Mark Boals konstruierten Shining Black, „Gravity“ ist aber weit davon entfernt, ihre stärkste Platte zu sein.
Wertung: 6.5 / 10