Pragmatismus führt manchmal zu sehr guten Ergebnissen. Anstatt mit aller Gewalt den großen Durchbruch anzuvisieren, der den meisten Bands ohnehin verweigert bleibt, bietet es sich manchmal an, jahrelang an der eigenen Musik zu arbeiten und einen eigenen Stil zu entwickeln, ohne sich irgendwelchen Reglementierungen oder Einschränkungen zu unterwerfen. Alle Emotionen und alle Leidenschaft in das zu stecken, was man liebt. Das zweite Album einfach mal „LP2“ zu nennen und die Musik für sich sprechen zu lassen. RESTORATIONS aus Philadelphia ziehen ihr Ding in dieser Form unbeeindruckt durch, spielen Konzerte in Amerika, leben ihre Leben, schreiben packende Rockhymnen und stehen ihren unter Umständen erfolgreicheren Mitstreitern aus dem Spektrum zwischen Folk, Punkrock und Indie kaum nach. Dass dabei im Herbst 2013 aller Voraussicht nach auch eine Europatour möglich wird und das renommierte Label SideOneDummy den Vertrieb von „LP2“ in Europa übernimmt, ist dabei ein weiterer Teil einer schönen Erfolgsgeschichte. Musikalisch präsentieren RESTORATIONS von Punkrock und Folk geprägte Rocksongs, die teilweise auch mit einem leichten Psychedelia-Einschlag aufwarten. Das Ergebnis fällt dabei nicht immer zu 100% überzeugend aus, vermittelt aber in jeder Sekunde pure Authentizität.
Der Opener „D“ beginnt mit einer stark verhallten, einzelnen Gitarre, die schließlich den Weg für einen geradlinigen, temporeichen Rocksong bereitet, der stark an The Gaslight Anthem erinnert und, wie auch das gesamte Album, den klassischen Rock von Bruce Springsteen zitiert. Die raue Stimme von Sänger Jon Loudon passt perfekt zu den indieinfizierten, mitreißenden Nummern. Stets schwingt das Prinzip des Stadionrocks im Kleinen mit, dabei allerdings mit einem Augenzwinkern und unüberhörbaren Charme dargeboten. Direkt nach dem Opener nehmen RESTORATIONS den Fuß vom Gaspedal und pendeln sich gemütlich im Midtempobereich ein. Bereits der zweite Song „Let’s Blow Up The Sun“ weiß dafür mit seinem folkigen Rhythmus zu begeistern und weckt Erinnerungen an Bands wie The Hold Steady, wobei gleichzeitig Einflüsse von Emobands wie Sunny Day Real Estate oder Jimmy Eat World deutlich werden. Die Leidenschaft, die aus einem Song wie „Civil Inattention“ aus den traurigen Melodien und der Reibeisenstimme von Jon Loudon strömen, sind absolut atemberaubend, während der einzig weitere Ausbruch in schnellere Gefilde in Form von „New Old“ zeigt, dass vor allem das Schlagzeug nie auf simple Rhythmen setzt, sondern spielerisch einen ganz eigenen Drive einbringt. Gerade in diesen schnelleren Momenten im Wechselspiel mit den umarmenden, weitschweifigen Momenten, kommt die ganze Leidenschaft auf „LP2“ voll zur Geltung. Die Produktion von Jon Low ist hier angenehm dreckig und etwas verwaschen, was perfekt zum Sound der Band passt.
Leider wissen nicht alle Songs vollständig überzeugen, so zum Beispiel die an Psychedelia erinnernden Flangergitarren in „Kind Of Comfort“ oder die etwas drogeninduzierte Stimmung in „Quit“. Diese Ausflüge in etwas experimenteller Gefilde wollen sich nicht so Recht in den Bandsound einfügen. Dazu zieht das ständige schleppende Tempo die Energie, die RESTORATIONS versprühen, stets ein bisschen nach unten, so dass einige der neun Songs auf „LP2“ etwas langatmig und eintönig wirken, ohne sich im Ohr festzusetzen. Dennoch ist der Band aus Philadelphia mit ihrem zweiten Album ein tolles Stück Musik gelungen, das den Bekanntheitsgrad der Band in Zukunft hoffentlich ausweiten wird – egal, wieviel Wert die Band selbst darauf legt.
Wertung: 7 / 10