Cover Artwork des Albums „II“ von Ray Alder

Review Ray Alder – II

Etwas mehr als dreieinhalb Jahre nach seinem überzeugenden Solodebüt „What The Water Wants“ überrascht Fates-Warning-Vokalist RAY ALDER mit einem neuen Album, das den simplen Titel „II“ trägt. Das Cover wirkt in seiner schwarz-rot getränkten Schlichtheit wie das invertierte, düstere Gegenstück zum Artwork des Vorgängers. Ein Vorzeichen dafür, dass RAY ALDER mit seinem Zweitwerk auch musikalisch Neuland betritt?

Eine erste Antwort auf diese Vermutung ist, dass die Musik auf „II“ von derselben Mannschaft komponiert und eingespielt wurde wie das Material von 2019. Wieder stammen die Songs aus den Federn der Gitarristen Tony Hernando (Lords Of Black) und Mike Abdow (Tourmitglied von Fates Warning), die in ihren Tracks auch den Bass gespielt haben. Hinter der Schießbude sitzt Craig Anderson, Drummer der Hardcore-Band Ignite. Die Lyrics stammen von Ray selbst.

Damit dürfte klar sein, dass der US-amerikanische Sänger Anno 2023 das Rad nicht neu erfindet. Und doch grenzt sich die neue Scheibe klar vom Prequel ab. Die neuen Kompositionen sind variantenreicher, mutiger, komplexer – und damit auch etwas ausufernder. Statt drei bis fünf Minuten nehmen sich die Lieder im Schnitt nun viereinhalb bis sechs Minuten Zeit. Mit dem epischen, fast achtminütigen „Changes“ gibt es sogar einen deutlichen Ausreißer nach oben. Ein solcher Quasi-Longtrack wäre auf „What The Water Wants“ ebenso undenkbar gewesen wie die beinahe jazzige Midtempo-Nummer „Keep Wandering“. Ein Track, der überrascht und mit dem Ray tatsächlich neues Terrain betritt.

Die Stärken des Debüts werden freilich ebenfalls herübergerettet. Die Produktion ist modern, fett und atmosphärisch zugleich, die Texte vielschichtig und nachdenklich – vor allem aber gehen die Melodien gut ins Ohr und nutzen sich nicht schnell ab. Neben den beiden bereits erwähnten Liedern ist „Waiting For Some Sun“ in dieser Hinsicht das Highlight. Ein Song, der tagelang im Ohr bleibt. Ebenso fortgesetzt wird die Tradition, den Fans auf der Erstpressung einen akustischen Bonustrack zu liefern; in diesem Fall eine balladeske Fassung des Openers „This Hollow Shell“. Ein schöner Abschluss, der das Album sehr rund wirken lässt.

Also alles gut im Hause Alder? Ja, definitiv. Dennoch kann „II“ in einer Kategorie nicht mit dem Vorgänger mithalten. Denn dieses Mal haben sich mit Nummern wie „Silence The Enemy“ oder „Hands Of Time“ auch etwas schwächere Tracks auf den Silberling verirrt. Am Gesamteindruck oder gar Genuss der Scheibe ändert das aber wenig. Fans von Fates Warning, Rush und Enchant in ihrer Alternative-Phase („Break“) sei die Scheibe wärmstens ans Herz gelegt. Ein wunderbar selbstbewusstes Soloprojekt mit einer klaren Vision und guten Texten.

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Wertung: 8 / 10

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