Dass die unbändige Kreativität nicht eben des Black Metallers beste Freundin ist, ist nicht unbedingt, was man eine „bahnbrechende Erkenntnis“ nennt – so wundert man sich über Bands mit Namen wie „RAUHNACHT“ in krakeligen Buchstaben mit Wäldern, Gebirgen und Dämonen im Logo, die ihre Alben mit Titeln wie „Vorweltschweigen“ bedenken, auch nicht mehr so richtig.
In Fällen wie diesem kann man meist, dem alten Sprichwort „nomen est omen“ folgend, schon recht genau abschätzen, was musikalisch geboten wird. Und in der Tat, auch RAUHNACHT sind hier keine Ausnahme: Ganz getreu dem Bandnamen steht bei den Österreichern traditioneller Black Metal über Berge und Wälder auf dem Programm, von Zeit zu Zeit aufgelockert durch Akustik-Gitarren und Pagan-Metal-Melodien, wie beispielsweise gegen Ende des Titeltracks.
So richtig neu ist das alles nicht grade, und die Zahl der Bands, die man als Vergleich heranziehen könnte, ist ebenso lang wie unaussagekräftig, wären die Meisten darauf genannten Namen doch ähnlich austauschbar wie RAUHNACHT.
Dass RAUHNACHT jedoch nicht voll und ganz in diese Schublade zu stecken sind, zeigen einzelne Passagen, wie in „Dem Schicksalsfeld entgegen“, die vom kompositorischen Aspekt durchaus nicht schlecht sind, wie auch die detailverliebte Umsetzung des Materials: Durch stimmungsvolle Effekt-Geräusche, die überraschenderweise sogar mal nicht aus kitschigem Wolfsgeheul und – ok, sagen wir „nicht nur aus“ – Regenprasseln bestehen, wird hier in Verbindung mit dem mystischen Flüstergesang eine durchaus in sich stimmige Atmosphäre generiert.
Wirklich schlecht ist hier, das sollte an dieser Stelle ausdrücklich gesagt sein, zum Glück sowieso nichts: Denn entgegen vieler ihrer Genrekollegen, wissen RAUHNACHT wenigstens, was sie tun, so dass „Vorweltschweigen“ vielleicht kein all zu innovatives Album, jedoch zumindest professionell und mit einem gewissen Anspruch angefertigt: Der Sound ist atmosphärisch-true im positiven Sinne, das Format der CD im 7′-Single-Papphülle zumindest gut gemeint, wenn eine auf einen Schaumstoff-Knopf gedrückte CD in einem Papierumschlag vielleicht auch nicht die praktischste und damit optimale Aufbewahrungsform für Musik ist und das Cover leider auch durch das größere Format, das man sich bei so manch anderem Artwork nur wünschen würde, nicht stimmungsvoller wird.
Vom technischen Aspekt her kann man der Band ebenfalls keinen Vorwurf machen, ist das Album doch sauber eingespielt und damit glücklicherweise weit entfernt vom Dilletantismus, den so manche Black Metal-Band als true zu verkaufen wagt. Und auch, wenn das in diesem Genre somit fast schon als Alleinstellungsmerkmal durchgeht – eigenständig klingt „Vorweltschweigen“ deshalb noch nicht.
Mit ihrem Debüt legen die Österreicher RAUHNACHT ein durchweg solides Album vor, das sowohl spielerisch, als auch produktionstechnisch wenig Anlass zu Kritik bietet, und auch atmosphärisch durchaus in sich stimmig ist. Vom kompositorischen Aspekt her ist das Werk jedoch nicht eben der ganz große Wurf, ist das, was man hier zu hören bekommt, doch zwar gehobener, jedoch immernoch Standard. Da hier Talent und Gefühl für Atmosphäre jedoch durchaus vorhanden sind, sollten RAUHNACHT sich davon nicht entmutigen lassen, sondern ihren Weg weiter gehen – vielleicht nächstes Mal nur etwas Abseits der ausgetretenen Pfade.
Wertung: 7.5 / 10