So bekannt, wie auch beliebt das Genre des Mittelalterrocks bzw. -metals inzwischen sein mag, genauso häufig enden diese Projekte in eintönigen Alben und Songs. RAGNARÖEK, welche sich mittelalterliches Headbangen auf ihre Fahnen geschrieben haben, starten mit ihrer aktuellen Platte „Eiskalt“ einen neuen Versuch diesem Trend entgegenzuwirken.
Bereits der erste Song lässt keinen Wunsch unerfüllt. Melodiös, durch die Dudelsäcke mittelalterlich angehaucht und mitreißend präsentiert sich der Titeltrack. Auch mit „Meer“ ist den norddeutschen Musikern etwas gelungen, was man gut und gerne auf ausgewählten Mittelaltermärkten zum Besten geben kann. Zu besinnlichen Melodien erklingt männlicher wie auch weiblicher Gesang (!). Und siehe da: Entgegen aller Erwartungen erscheint dieses Lied trotz der kleinen Stilabweichung in Richtung Ballade nicht unpassend. Dafür wirkt das darauffolgende „Electrowahn“ à la Tanzwut umso verstörender: Electrobeats gepaart mit sanftem Growl-Gesang … gewiss ein spannendes Experiment, aber dennoch nichts für eingefleischte Verfechter metallastiger Mittelalterklänge. Ein weiterer positiver Akzent wird hingegen mit „Mondenkind“ gesetzt. Die verbleibenden Titel sind weniger prägnant. Nicht unhörbar, doch bleiben sie leider auch nicht allzu lange im Gedächtnis hängen.
Unbestritten passend ist die Kombination aus der rotzigen Stimme des Fährmanns und den harten E-Gitarren-Riffs. Trotzdem sollten gerade Bands, die sich das Genre mit Größen wie In Extremo teilen, Acht geben, nicht wie deren abgespeckte Version zu klingen. Bei „Eiskalt“ gelingt das Ragnaröek mit ihrem selbstbetitelten Rag’n’Roll nur teilweise. Während die oben angesprochenen Ausnahmen tatsächlich ins Ohr gehen und während des Headbangens zum Mitsummen (oder besser -brummen) einladen, klingt der Großteil der Platte in sich gleich. Womöglich liegt dies am eingeschränkten Abwechslungsreichtum des Stimmorgans und der – melodisch gesehen – eng gesteckten Grenzen. Denn gerade bei den krachigeren Titeln wie „Lanze“ oder „Wahnsinn“ wird der Schwerpunkt beinahe nur auf die Elektroklampfen gelegt, wo doch gerade hier Sackpfeifen den letzten Schliff verpassen könnten.
Dem aktuellem Freibeuter-Trend folgend enthält „Eiskalt“ auch ein Stück über das raue Leben der „Piratenbrut“, das einem ansatzweise den salzigen Meereswind um die Nase wehen und ein wenig rumgetränkte Feierlaune aufkommen lässt. Allerdings muss man hier schon konzentriert schnüffeln um das wilde Leben auf rauer See wahrnehmen zu können.
Die textliche Gestaltung scheint, soweit sie überhaupt zu verstehen ist, durchwachsen. Tiefgründige Texte geben sich mit etwas weniger sinnvollen Wortpassagen die Klinke in die Hand.
Es ist ein wenig schade, dass den Erfindern des Rag’n’Roll bei ihrem neuen Werk in der musikalischen Gestaltung teils die Mittelalterelemente aus den Fingern geglitten sind und Ragnaröek sich vermehrt den düsteren und teils auch aggressiveren Einschlägen gewidmet haben. Zwei bis drei profillose Songs weniger, dafür etwas mehr Folklore und man hätte ein wunderbares Album zaubern können. So reicht es leider nur für
Wertung: 6 / 10