Review Proto-Kaw – The Wait Of Glory

Den meisten Musikliebhabern wird der Name PROTO-KAW nicht allzu viel sagen. Wenn ich jetzt jedoch den Namen Kerry Livgren nenne, so mag insbesondere manch Prog-Anhänger sofort an die Band Kansas denken. Und da liegt er auch gar nicht mal so falsch. Denn Livgren schrieb für Kansas in den Siebzigern Hits wie „Carry On My Wayward Son“ oder „Dust In The Wind“ und ist auch für solch grandiose Progtracks wie „Song For America“ oder „Miracles Out Of Nowhere“ federführend gewesen.
Seitdem er in den Achtzigern bei Kansas ausgestiegen ist, ist seine Beziehung zu ihnen eher schwerlich zu charakterisieren. Er schreibt manchmal ein paar Songs oder spielt ein Soli, gelegentlich ist er sogar mal bei einer Live-Show dabei. Maximal.

Und nun kommen PROTO-KAW ins Spiel: Mit „The Wait Of Glory“ liegt uns das zweite richtige Studioalbum der von Kerry Livgren im Jahre 2003 „wiedergeborenen“ Band vor. Denn tatsächlich gab es PROTO-KAW schon, bevor die uns bekannten Kansas auch nur eine Note zusammen gespielt hatten. PROTO-KAW ist nämlich im Grunde genommen nichts anderes, als die allererste Kansas-Besetzung, die aber damals nie ein Studioalbum aufgenommen hatte. Nachdem im Jahr 2001 einige Demosongs von dieser ersten Besetzung auf den Markt kamen, entschloss man sich wenig später, die Sache wieder anzupacken. Das Ergebnis war das gelungene „Debütalbum“ „Before Became After“ drei Jahre später.

Aber nun endlich zum neusten Werk: Die Musik von PROTO-KAW ist der von Kansas logischerweise im Grunde genommen relativ ähnlich – wir bekommen also auch hier poetischen, pathos- und bombastbeladenen Progressive Rock symphonischer Prägung zu hören. Die Melodien erinnern mehr als nur einmal an Songs, die von Livgren schon vor mehr als 25 Jahren geschrieben wurden. Sänger Lynn Meredith hat eine seltsam weise wirkende Stimme, voller Wärme und Behaglichkeit. Die Stimmfärbung lässt sich durchaus mit der eines jungen Steve Walsh vergleichen, wenn dieser seine rauen Kreischattacken weglassen würde. Die optimale Geschichtenerzähl-Stimme eben.
Aber all dies tut rein gar nichts zur Sache. Denn PROTO-KAW sind keine Kansas-Coverband! Sie legen den Schwerpunkt ihrer Musik wesentlich weniger auf Rock und Blues, der ja bei Kansas Grundlage eines jeden Songs war. Vielmehr geht man hier jazziger, psychedelischer und noch improvisationsfreudiger zu Werke. Die Violine von KANSAS fehlt völlig, dafür gibt’s Flöte und Saxophon. Man grenzt sich noch etwas mehr von KANSAS ab, als auf dem Vorgängeralbum „Before Became After“ und versucht innerhalb der zehn Songs auch eine größere Stilbreite einzubringen.

Tracks wie das leicht düstere, aber irgendwie auch herzerwärmende „Nevermore“ mit seinen schönen Vocals-Arrangements, das darauffolgende „Relics Of The Tempest“ mit seinem epischen, mit Schönklang getränkten Instrumentalpassagen oder das das Album abschließende „Picture This“ belegen eindeutig, dass die Jungs es noch können und sich auf der symphonischen Spielwiese nicht hinter dem letzten Kansas Album „Somewhere To Elsewhere“ verstecken müssen. Auch die rockigeren Nummern wie „Old Number 63“, das lässig vor sich hin bluest und jazzt, oder „Melicus Gladiator“, welches an die großen Kansas-Stampfer erinnert, wissen zu überzeugen. Gleiches gilt für die schöne Ballade „On The Eve Of The Great Decline“. Insbesondere die Tracks „Physic“ und „Osvaldo’s Groceries“ heben sich mit ihren wilden und verqueren Instrumentalabfahren dann aber doch deutlich davon ab. Schwere, aber auch interessante und spieltechnisch erstklassige Kost, die Laune Macht und den Spaßfaktor auch nicht vergisst! Auch hier müssen wir aber nicht auf die hübschen Gesangsmelodien verzichten.

Insgesamt betrachtet kann ich „The Wait Of Glory“ jedem Kansas-Fan nur ans Herz legen. Vielleicht muss er es ob der teils sehr jazzigen Passagen ein paar Mal öfters hören und sich an das tendenziell ruhigere Material gewöhnen, aber dann sollte es gut reingehen! Allen anderen Prog-Sympathisanten sei ein Reinhören empfohlen, denn hier gibt es noch „echten“ Retroprog von Urgesteinen zu hören, nicht die Kopien der neuen Generation! Ich persönlich finde den Vorgänger jedoch eine Ecke geschlossener und runder, was vielleicht aber auch daran liegt, dass er noch näher am Kansas-Sound dran ist.

Auch „The Wait Of Glory“ gibt’s von InsideOut als Special Edition mit einer kurzen Bonus-Live-DVD, die die Tracks „The Occasion Of Your Honest Dreaming“, “Words Of Honor” und “Skont” vom “Progressive Legends Showcase 2005” enthält.

PS: Hierbei sei noch angemerkt, dass die mir vorliegende Promo zwei Tracks weniger („At Morning’s Gate“ und „One Fine Day“ fehlen) und eine andere Tracklist aufweist, als die auf der InsideOut-Homepage im Katalog geführte und dann wohl auch veröffentlichte Platte.

Wertung: 8 / 10

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