Erst kürzlich hatte ich die EP „The Cult Of Disease“ der chilenischen Doomer PROCESSION auf dem Tisch liegen. Die erste Full-Length-Attacke lässt nun nicht lange auf sich warten und so veröffentlichen Frontmann Felipe Plaza und seine Waffenbrüder also „Destroyers Of The Faith“. Keine schlechte Sache für die Band, so bleibt man einigermaßen aktuell und auch der Redakteu freut sich: ein Kramen in den hinterletzten Gehirnwendungen ist somit nicht nötig, einiges ist noch präsent.
Zum Beispiel – auch wenn das keine Kunst ist – dass die EP sechs Stücke enthielt und 45 Minuten lang war. Und das neue Output??? Riiiiichtig, sechs Songs auch hier, aber eine Minute länger. Warum das eine nun als EP und das andere als Full-Length angepriesen wird, ist aber an dieser Stelle egal, hören wir auf die Musik. Mit einem mäßig spannenden Intro geht es los. Passieren tut hier ziemlich wenig, den Zweck, in die Platte einzuführen, erfüllt es aber ganz gut. Langsame, recht klar definierte Gitarrenmelodien ziehen sich nicht nur durch „Hyperion“, sondern über das gesamte Album, dazu der markante „Ruf“-Gesang von Felipe, der – und das darf an dieser Stelle gerne mal gesagt werden – durchaus einen gewissen Wiedererkennungswert hat und so innerhalb kurzer Zeit zu einem echten Markenzeichen der Band wurde. Das Resultat ist, dass die Band im Vergleich beispielsweise zu My Dying Bride, welche im Doom-Bereich vermutlich auf ewig als Referenz herhalten wird, wesentlich weniger depressiv, sondern vielmehr aggressiv daherkommt. Dies ist natürlich mit Vorsicht zu genießen, erster Trumpf ist natürlich die Langsamkeit, aber man ergeht sich eben nicht in einem einzigen Tränenmeer, sondern packt ein gewisses Rock-Feeling in die Lieder, die mit Ausnahme des Intros alle über sieben Minuten lang sind.
Ob hier vielleicht auch ein kleines Manko verborgen ist, vermag ich nicht mal genau zu sagen; trotz der angesprochenen, positiven Aspekte, fällt es mir auch beim Albumdebüt der Südamerikaner schwer, eine uneingeschränkte Kaufempfehlung auszusprechen. Ich nehme an, dass es am Fehlen eines oder zweier echter „Hits“ fehlt. Insgesamt plätschert die Musik noch immer zu sehr am Hörer vorbei. Das tut zwar nicht weh und lässt sich ganz angenehm an, aber es bleibt doch etwas wenig hängen, zu ähnlich sind sich die epischen Nummern noch an zu vielen Stellen. Da ist es wenig verwunderlich, dass mit „The Road To The Gravegarden“ ein Song bereits zum dritten (!) Mal auf einer Veröffentlichung Platz findet. Sicher, der Sound ist in der Zeit wesentlich besser geworden, aber ansonsten hätte es sicher nicht unbedingt Not gehabt.
„Destroyers Of The Faith“ ist keineswegs schlecht; bevor dieser Eindruck entstehen könnte, möchte ich dem wiedersprechen. Es ist meiner Ansicht nach sogar eine leichte Steigerung zur EP vorhanden, die leider aber nicht so stark ausfällt, wie ich es mir gewünscht hätte. Die Chilenen haben den richtigen Weg eingeschlagen und veröffentlichungstechnisch scheinen sie auch nicht unbedingt faul zu sein. Wenn innerhalb der nächsten ein, zwei Jahre noch einmal eine Steigerung realisiert werden kann, werden PROCESSION sicher zu einer ernsthaften Konkurrenz für den europäischen Doom, was – nebenbei bemerkt bei den mäßigen Veröffentlichungen der letzten Jahre – auch dringend nötig wäre.
Wertung: 7 / 10